Vertrauensvotum

■ Präsident der Rechtsanwaltskammer, Borck, hatte Gespräch mit Kewenig zu V-Mann in Anwaltskanzlei verschwiegen / Hitzige Debatte um „Loch“ im Vorstand

Der Vorstand der Berliner Rechtsanwaltskammer hat sich in seiner Sitzung am Mittwochabend hinter seinen Präsidenten Jürgen Borck gestellt (siehe auch Seite 2). Borck hatte aus einem Gespräch mit Innensenator Kewenig die Schlußfolgerung gezogen, daß ein V-Mann in der Kanzlei des Strafverteidigers Philipp Heinisch gearbeitet habe. Heinisch verteidigte in dem Prozeß um den Mord an Ulrich Schmücker die Angeklagte Ilse Schwipper. Borck hatte nach dem Gespräch einen Aktenvermerk angefertigt. Das „vertrauliche“ Gespräch zwischen Kewenig und dem Präsidenten der Rechtsanwaltskammer war in der letzten Woche durch Pressemeldungen bekannt geworden.

Kritisiert worden war vor allem, daß Präsident Borck Rechtsanwalt Heinisch nicht von dem Gespräch unterrichtet hatte. Borck sagte am Mittowch, er habe aus dem Gespräch jedenfalls den Schluß gezogen, daß den am Fall Schmücker arbeitenden Staatsanwälten über die Existenz des V-Mannes als Informationsquelle nichts bekannt gewesen sei.

Der Vorstand sprach Borck sein Vertrauen aus und kritisierte, daß Informationen über den Aktenvermerk an die Öffentlichkeit gedrungen seien. Fast zwei Stunden der insgesamt sechsstündigen Sitzung verbrachten die Vorstandsmitglieder damit herauszufinden, wer für die „Indiskretionen“ gegenüber der Presse verantwortlich sei.

Doch man konnte weder das „Loch“ im Vorstand ausfindig machen noch klären, wieso der Präsident darauf besteht, Kewenig habe alle seine Äußerungen im Konjunktiv formuliert, während der Aktenvermerk in affirmativer Form angefertigt wurde.

Die 19 anwesenden (von insgesamt 20) Vorstandsmitglieder einigten sich schließlich auf eine Erklärung, in der es unter anderem heißt, man teile die Auffassung des Präsidenten, daß „es eines Rechtsstaats unwürdig sei, daß der Verfassungsschutz ein Anwaltsbüro ausspäht. Dies gilt selbstverständlich auch dann, wenn der V-Mann nicht gezielt zur Ausforschung von Anwaltsgeheimnissen eingesetzt worden ist.“

Borck habe den Vorstand bereits im Juli über sein Gespräch mit Kewenig unterrichtet, heißt es in der Erklärung. Damals habe der Vorstand mehrheitlich befunden, daß die „ausweichenden“ Erklärungen Kewenigs in der Unterredung für eine Klärung der Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz nicht ausreichten.

RiHe