Hamburg munkelt über GAL-Spaltung

■ Aber beide Parteiflügel dementieren /Realo-Minderheit will keinen eigenen Landesverband gründen

Aus Hamburg Axel Kintzinger

Die aktiven Mitglieder der Hamburger Grün-Alternativen Liste (GAL) reiben sich bei ihrer morgendlichen Zeitungslektüre derzeit regelmäßig die Augen. Kaum ein Tag vergeht, ohne daß mindestens eines der Hamburger Blätter auf der Titelseite über eine Spaltung der Elbe-Grünen spekuliert. Die Mehrheitsströmung der Fundis ist darüber ebenso überrascht wie die meisten Realpolitiker, die etwa ein Viertel des Aktivenstamms stellen.

Einig sind beide Fraktionen im Dementieren: Im Vorfeld der Mitgliederversammlung Ende Januar „wird so manches Süppchen gekocht“, meinte etwa Vorständler Michael Wunder. Und mit Kurt Edler erklärt auch einer der Realo-Wortführer: „Dieser Weg ist unsinnig.“ Edler, der im Dezember mit einer harschen Generalabrechnung den Landesvorstand verlassen hatte, sieht für einen neuen grünen Landesverband keine Perspektive - es fehle dafür allein schon an der „gesellschaftlichen Aufbruchstimmung“.

Ausgelöst wurde die Diskussion durch den ehemaligen grünen Bundestagsabgeordneten Jo Müller. Das heutige Vorstandsmitglied der Öko-Bank gilt als Vordenker der Realos in der Bundespartei und lebt seit einem halben Jahr an der Elbe. Müller hat anscheinend schnell begriffen, wie man in Hamburg Politik macht: Als Mitglied eines sehr kleinen Gesprächskreises von angegrünten Nicht-GALiern wandte er sich an die Presse. Im Hamburger Privatsender OK Radio plauderte er am Donnerstag über Spaltungsdiskussionen: „Sehr viele engagierte Grüne in Hamburg sind nicht mehr bereit, mit der GAL zusammenzuarbeiten und wollen für Hamburg eine neue Perspektive schaffen.“ Und: „Die GAL ist gefährlich geworden für die Bundesgrünen.“ Am selben Tag berichtete auch Springers 'Hamburger Abendblatt‘ ausführlich über die bevorstehende Spaltung der GAL - ohne allerdings Namen zu nennen. Das SPD-nahe Blut- und Busenblatt 'Morgenpost‘ zog fünfspaltig nach: „Spaltung, neue Partei?“

Realo-Sprecher wollen eine Spaltung allerdings nicht für alle Zeiten ausschließen. So könne die Diskussion um die Zurücknahme des Schuldscheins von Thea Bock auf der kommenden Mitgliederversammlung „ein möglicher Bruchpunkt“ sein. Die Parteibasis wird dann über einen Antrag von fünf (fundamentalistisch orientierten) Landesvorständlern abstimmen, auf die noch ausstehende Summe von knapp 55.000 Mark zu verzichten. Für den Fall, daß dieser Antrag keine Mehrheit findet, will Thea Bock den Schuldschein dann vor Gericht als sittenwidrig einstufen lassen. Vorständler Wunder rechnet jedoch mit einer Mehrheit für den Antrag. Die Realos konzentrieren sich derweil auf die Ausarbeitung eines politischen Manifests, das als Grundlage für ihre weitere Arbeit innerhalb der GAL dienen soll - nach Angaben von Edler arbeiten etwa 40 Personen fieberhaft daran.