Sozialhilfe zweiter Klasse

■ Baden-württembergische Gesetzesinitiative will pauschale Kürzung der Sozialhilfe für Flüchtlinge / Der Anreiz für einen Asylantrag soll genommen werden

Berlin (taz) - Für Asylbewerber soll die ohnehin auf das Existenzminimum beschränkte Sozialhilfe generell um 20 Prozent gekürzt werden. So will es eine Gesetzesinitiative, die das Land Baden-Württemberg am Donnerstag in den Bundesrat eingebracht hat. Erklärtes Ziel dieses Gesetzentwurfes ist nicht in erster Linie die Einsparung von Sozialhilfeleistungen - allein Späths Musterländle rechnet mit 120 Millionen -sondern die Schaffung eines Abstands zwischen Sozialleistungen für Deutsche und für Asylbewerber. Dieser Abstand, so der Gesetzentwurf, solle Anreize verhindern, aus wirtschaftlichen Gründen Asyl zu beantragen. Mit einer pauschalen Kürzung sei außerdem ausgeschlossen, daß die Sozialhilfe „nicht gerechtfertigte“ Integrationsleistungen erbringe. Reduziert werden sollen mit dieser „summarischen Bereinigung“ Beträge für „persönliche und gehobene Bedürfnisse“.

Schon in der Vergangenheit hatten einzelne Bundesländer und Gemeinden, Asylbewerbern zur Abschreckung die Sozialhilfe gestrichen. Die gängige Argumentation dafür lautete, in deren Heimatländer sei der Lebensstandard ohnehin niedriger als in der Bundesrepublik. Diese Praxis hatte jedoch das Bundesverwaltungsgericht 1985 für rechtswidrig erklärt. Ausländern dürfe die Sozialhilfe nicht pauschal allein wegen ihrer Nationalität gekürzt werden. 1987 hatte Berlin versucht, über ein eigenes Sozialgesetz für Asylbewerber dieses Gerichtsurteil zu umgehen. Unter dem öffentlichen Druck mußte Berlins Sozialsenator Fink seinen Vorschlag jedoch zurücknehmen. Über den jetzt bekanntgewordenen Vorstoß Baden-Württembergs wird voraussichtlich am 10. März in den Ausschüssen des Bundestages beraten werden. Findet er dort Zustimmung, wird er als Gesetzentwurf dem Bundestag zur Zustimmung weitergeleitet. Kommentar Seite 4