Nazis schändeten Gedenkstätten

■ Schweineköpfe vor Gedenkstätten gelegt / Heftige verbale Empörung im Senat / Senatssprecher Fest schiebt die Tat „Verrückten und Gestörten zu“

Drei Gedenkstätten für die Opfer des Nationalismus und Nationalsozialismus sind in der Nacht zum Samstag geschändet worden. Offenbar rechtsextremistische Täter hatten am Eingang zur Gedenkstätte Plötzensee zwei Schweinekopfhälften aufgehängt. Zwei weitere Hälften lagen auf der Plattform des Denkmals auf der Putlitzbrücke in Tiergarten, das an die jüdischen Bürger erinnert, die von dem ehemaligen Verschiebebahnhof in Vernichtungslager verschleppt wurden. Ein ganzer Schweinekopf baumelte in dreieinhalb Metern Höhe von der Brücke über den Landwehrkanal, genau über dem Denkmal, das an die Ermordung Rosa Luxemburgs erinnert. Auf das Denkmal selbst wurde außerdem noch ein Hakenkreuz in weißer Farbe geschmiert.

Eine „Bewegung 20. April“ (der Geburtstag Hitlers) bekannte sich bei der Nachrichtenagentur 'dpa‘ telefonisch dazu, die drei Gedenkstätten „stark geehrt“ zu haben. Nach Angaben von Innensenator Kewenig ist diese Gruppe bislang nicht in Erscheinung getreten. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen. Polizeipräsident Schertz hat flugs eine Belohnung in Höhe von 5.000 Mark für Hinweise auf die Täter ausgesetzt.

Die Schändung hat in Berlin große Empörung hervorgerufen. „Diese Aktionen sind die Ausgeburt einer abstrusen politischen Denkweise“, sagte Kewenig in einer Mitteilung. Der Sprecher des Senats, Winfried Fest, zog eine klar kalkulierte politische Tat offenbar nicht in Erwägung. „Nur Verrückte oder sonst wie Gestörte können so etwas tun“, so Fest in einer Pressemitteilung vom Samstag.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Heinz Galinski, verurteilte die Schändung der Gedenkstätten aufs schärfste. Berlin dürfe nicht zum Tummelplatz reaktionärer, antidemokratischer Kräfte werden. Gerade in Anbetracht der bevorstehenden Abgeordnetenhauswahl am 29. Januar komme allen demokratischen Bürgern eine besondere Verantwortung zu, sagte der Vorsitzende Galinski.

Auch Kewenig scheint um den reibungslosen Ablauf des Wahlkampfs zu fürchten. Es dürfe nicht dazu kommen, so Kewenig, daß durch rechtsxtremistische Aktionen das Ansehen der Stadt und der Wahlkampf der demokratischen Parteien belastet würden. Der Sprecher der Innenverwaltung, Birkenbeul, bestätigte auf taz-Nachfrage einen Zusammenhang mit dem Wahlkampf. Ob die Täter jedoch einer rechtsextremen Organisation angehörten, könne man nicht sagen, bis sie gefaßt seien. Obwohl die Schändung der Gedenkstätten zur gleichen Zeit auf ein geplantes Vorgehen hindeutet, mochte Birkenbeul nicht ausschließen, daß es sich um eine spontan zusammengekommene Gruppe von Einzeltätern handelt.

Petra Dubilski