Die DKP hofft auf die linken Grünen

Georg Fülberth, Politikprofessor in Marburg, Mitglied der DKP und „Erneuerer“, über die Zukunft der Partei / „Warum sollte es nicht möglich sein, einen parteiübergreifenden linken Block minus Kleinert plus Ebermann aufzubauen?“  ■ INTERVIEW

taz: Sie haben im Vorfeld des Frankfurter Parteitages der „Erneuerer„-Strömung mangelnde Konturen attestiert. Wie ist das konkret gemeint?

Fülberth: Deren Verdienst ist sicher, daß ein höheres Maß an parteiinterner Demokratie durchgesetzt werden konnte. Die Schwäche liegt darin, daß die „Erneuerer“ den Programmentwurf BRD 2000 als eine Art Blankoscheck behandeln, der ihnen weitere inhaltliche Arbeit erspart. Wahrscheinlich haben sie im internen Clinch um demokratische Strukturen zunächst einmal zuviel Kraft verloren.

Der Entwurf zum Programm „BRD 2000“ ist ein fader Kompromiß zwischen Traditionalisten und Modernisierern. Einerseits Klassenfrage, andererseits Gattungsfrage. Ein fauler Kompromiß?

BRD 2000 ist nicht schlecht, da liegen Sie schief. Es ist aber noch nicht stimmig. Vom Parteitag beschlosen ist es auch noch nicht, das passiert erst 1990.

Wenn manche Genossinnen und Genossen von der Arbeiterklasse reden, ist das für sie eine Black Box, bei der für sie noch nicht klar ist, was drin ist. Andere haben in Richtung Menschheit abgehoben. Hier besteht enormer Klärungsbedarf. Der muß im offenen Konflikt gedeckt werden.

Bislang ist davon nichts zu spüren. Moderate Reden, kein Mut zur Polemik.

Wir waren da schon schlechter. Bei vielen Beiträgen handelte es sich zwar um Monologe, aber sie beziehen sich immerhin auf eine Konfliktstruktur in der Partei. Unsere Diskussionskultur bedarf da noch gewisser Fortschritte.

Fortschritte wohin? Hat die DKP überhaupt noch Zukunft?

Aber sicher. Wir müssen uns allerdings die Illusion abschminken, als könnten wir zu allen Zeiten und auf allen Ebenen eine parlamentsfähige Massenpartei sein. Das geht derzeit wohl nur in einigen Gemeinden.

Im übrigen haben wir erst mal die Aufgabe, uns als einen vitalen Zirkel zu qualifizieren. So hat der Bund der Kommunisten von Marx und Engels ja auch einmal angefangen.

Und was die nähere Zukunft betrifft?

Es könnte sein - nach dem Grünen Parteitag in Karlsruhe zumal, daß die bundesdeutsche Linke vor einem Umgruppierungsprozeß steht. In Karlsruhe mußten die linken Grünen durch die Abwahl des Vorstandes erstmals zur Kenntnis nehmen, daß sie da nichts zu melden haben. Jetzt müssen sie überlegen, ob sie dort mit Artenschutz versehen ihr Dasein fristen wollen. Hier läge eine Chance für eine neue DKP, nämlich: Warum sollte es nicht möglich sein, einen parteiübergreifenden linken Block minus Hubert Kleinert plus Thomas Ebermann und Michael Stamm aufzubauen?

Mit dieser verkrusteten DKP?

Sie wandelt sich doch gerade. Allerdings muß es einen Traditionsbruch geben, ein Generationswechsel steht an. Wobei ich zu den Leuten gehören werde, die sagen: Leute, werft nicht alle Tassen aus dem Schrank.

Wenn dieser Wandel an der Betonstruktur der Partei scheitert - steht dann die Spaltung der Partei auf der Tagesordnung?

„Betonstrukturen?“ Einspruch. Eine Spaltung würde nichts bringen. Die Beharrungsrichtung würde weiter existieren, die hätte genug Innenleben. Die „Erneuerer“, so inhaltlich schwach auf der Brust, wie sie sich heute äußern, hätten keine Potenz, sich zu organisieren.

Wie stellen Sie sich die Zukunft der DKP vor?

Jetzt gilt es für die Minderheit, für die „Erneuerer“, zu kämpfen. Sie müssen die Mehrheit werden. Und wenn das der Fall ist, werde ich die neue Mehrheit ganz heftig von links bekämpfen.

Wenn Sie für die Minderheit sind, warum haben Sie dann für Ellen Weber gestimmt?

Es ist zwar kein Geheimnis, daß Ellen Weber und ich scharfe Differenzen haben. Aber sie ist eine Frau, mit der man sich prima streiten kann. Ihre ehrliche Härte trägt zur Klärung der Standpunkte bei.

Interview: Jan Feddersen.