Schweineköpfe mit Hakenkreuz in Berlin

Schändung von Gedenkstätten für die Opfer des Faschismus löst heftige Empörung aus / Bangen um den Frieden des Berliner Wahlkampfs / Senatssprecher schiebt die Tat „Verrückten und Gestörten“ zu  ■  Aus Berlin Petra Dubilski

Zwei Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus und das Denkmal für Rosa Luxemburg sind in der Nacht zum vergangenen Samstag in Berlin geschändet worden. Offenbar rechtsextremistische Täter hatten am Eingang zur Gedenkstätte Plötzensee zwei Schweinekopfhälften aufgehängt. Zwei weitere Hälften lagen auf der Plattform eines Denkmals auf der Putlitzbrücke im Bezirk Tiergarten, das an die jüdischen Bürger erinnert, die von dem ehemaligen Verschiebebahnhof in Vernichtungslager verschleppt wurden. Ein ganzer Schweinekopf baumelte von einer Brücke über den Landwehrkanal, genau über der Stelle, wo ein Denkmal an die Ermordung Rosa Luxemburgs erinnert. Auf das Denkmal selbst wurde außerdem noch ein Hakenkreuz in weißer Farbe geschmiert. Eine „Bewegung 20.April“ (Hitlers Geburtstag, d.Red.) bekannte sich bei einer Nachrichtenagentur telefonisch dazu, die drei Gedenkstätten „stark geehrt“ zu haben. Nach Angaben von Innensenator Kewenig ist diese Gruppe bislang nicht in Erscheinung getreten. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen. Polizeipräsident Schertz hat eine Belohnung in Höhe von 5.000Mark für Hinweise auf die Täter ausgesetzt.

Die Schändung hat in Berlin große Empörung hervorgerufen. „Diese Aktionen sind die Ausgeburt einer abstrusen politischen Denkweise“, sagte Innensenator Kewenig. Der Sprecher des Senats, Winfried Fest, zog eine klar kalkulierte politische Tat nicht in Erwägung. „Nur Verrückte oder sonstwie Gestörte können so etwas tun“, so Fest in einer Pressemitteilung vom Samstag. Die Taten seien „der absolute Gipfel politischer Perversität“. Der Senat werde alles versuchen, Wiederholungen zu verhindern und die Täter zu ermitteln.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Heinz Galinski, verurteilte die Schändung der Gedenkstätten. Er appellierte an den Senat und alle demokratischen Parteien, „allen rechtsextremistischen und antisemitischen Strömungen aufs schärfste entgegenzutreten“. Berlin dürfe nicht zum Tummelplatz reaktionärer, antidemokratischer Kräfte werden. Gerade in Anbetracht der bevorstehenden Abgeordnetenhauswahl am 29.Januar komme allen demokratischen Bürgern eine besondere Verantwortung zu, sagte Galinski.

Auch Kewenig scheint um den reibungslosen Ablauf des Wahlkampfs zu fürchten. Es dürfe nicht dazu kommen, so Kewenig, daß durch rechtsxtremistische Aktionen das Ansehen der Stadt und der Wahlkampf der demokratischen Parteien belastet würden. Der Sprecher der Innenverwaltung, Birkenbeul, bestätigte auf taz-Nachfrage einen Zusammenhang mit dem Wahlkampf. Ob die Täter jedoch einer rechtsextremen Organisation angehörten, könne man erst sagen, wenn sie gefaßt seien. Das soll unter den gegebenen Umständen möglichst schnell geschehen.