Ausländerfeind gesteht Brandstiftung

19jähriger Schwandorfer gesteht, Feuer gegen Türken gelegt zu haben / Vier Tote / Polizei spricht von „Einzelgänger“, obwohl rechtsradikale Gruppen bekannt sind / Brandstifter ist Mitglied einer Skingruppe  ■  Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) - Ein 19jähriger Lackiererlehrling hat gestanden, ein Großfeuer in Schwandorf gelegt zu haben. Sein Motiv für die Brandstiftung: Ausländerfeindlichkeit. Bei dem Großfeuer in einem Geschäftshaus, das überwiegend von türkischen Familien bewohnt war, fanden am 17.Dezember vier Menschen den Tod, sechs Personen wurden schwer verletzt. Wie immer bei Anschlägen mit rechtsradikalem Hintergrund geht die Polizei von einem „Einzelgänger“ aus und leugnet Gruppenzusammenhänge. Doch der 19jährige JosefS. ist in Schwandorf kein Unbekannter. Er hat in einer Jugendclique meist minderjähriger Skinheads, die mit ausländerfeindlichen und neonazistischen Parolen auf sich aufmerksam gemacht haben, eine Führungsposition inne und bei Schlägereien kräftig mitgemischt.

In der Nacht zum 17.Dezember 1988 stand ein Wohn- und Geschäftshaus in der Schwandorfer Innenstadt in Flammen. Trotz des Einsatzes von über hundert Feuerwehrleuten brannte das Haus völlig aus, für die türkische Familie Osman (50), Fatma (42) und Mehmet (12) Can und den Deutschen Jürgen Hübener (47) kam jede Hilfe zu spät. Schon von Anfang an war den Beamten der Kriminalpolizei Amberg und des Landeskriminalamtes klar, daß das Feuer in dem hölzernen Treppenhaus ausgebrochen sein mußte. Meldungen eines Brandanschlages mit möglicherweise politischem Hintergrund wurden jedoch dementiert.

Als dann die Ermittlungen ergaben, daß in einem anderen Haus, in dem ebenfalls türkische Familien wohnten, in der Brandnacht ein Aufkleber „Türken raus“ angebracht worden war, begann die Polizei, mehrere Personen zu vernehmen, deren Ausländerfeindlichkeit in Schwandorf bekannt ist darunter auch den Lehrling.

Am 5.12 schließlich legte Josef S. ein Geständnis ab. Er gab zu, den Aufkleber angebracht und im Treppenhaus des Wohnhauses einen Stapel Kartons angezündet zu haben. Damit habe er „die Ausländer ärgern wollen“. Nach diesem Geständnis ist gegen ihn Haftbefehl wegen besonders schwerer Brandstiftung ergangen.

Die Beamten der Kripo Amberg gehen zwar davon aus, daß Josef S. die Tat allein begangen hat, doch erst vor drei Monaten erzählte Josef S. in einem Prozeß in Schwandorf vor dem Amtsrichterin Schmidt und einem Vertreter des Jugendamtes das Gegenteil. Er sagte als Zeuge in einem Verfahren gegen einen Punk aus, der ihn mit einer Gaspistole ins Gesicht geschossen hatte. Dem Punk wurde später Notwehr attestiert.

Josef S. berichtete, daß es in Schwandorf eine Clique von zehn bis zwnanzig meist Minderjährigen gäbe, die sich wöchentlich im Stadteil Ettmannsdorf träfen. Ihre gemeinsame Basis sei der Haß auf Ausländer sowie auf Punks und Chaoten. Mit Bomberjacken, Fliegerstiefeln und Baseball-Schlägern ausgerüstet, fahren sie zu Fußballspielen nach Nürnberg und München oder pöbeln WAA-Gegner an. S. gab an, für „seine Leute“ die entsprechenden rechtsradikalen Aufnäher und Sticker zu besorgen.

Schon vor einem Jahr war Josef S. aufgefallen. Damals herrschte in der Region regelrechter Bandenkrieg zwischen Punks und Skinheads. Bei einer der Auseinandersetzungen auf dem Schwandorfer Marktplatz hat Josef S. einem WAA-Gegner mit einem zugeschliffenen VW-Ring im Gesicht verletzt. Belangt wurde er deswegen nicht. Als 15jähriger macht Josef S. einen Hauptschullehrer mit ausländerfeindlichen Tafelschmierereien auf sich aufmerksam. In der Schule kursierten Flugschriften mit dem Titel „Deutschland erwache“. Einer der Skins prahlte später damit, daß sie sich, mit Haßkappen vermummt, unter die WAA-Gegner gemischt und bei den Platzbesetzungen Ende 1986/Anfang 1987 versucht hätten, die Polizei zu provozieren. Zuletzt hatte eine Gruppe von Skinheads bei den letztjährigen Herbstaktionen gegen die WAA versucht, mit neonazistischen Parolen Auseinandersetzungen zu inszenieren.