Träume werden wahr

■ Streit zwischen AL und Szene-Dichterin geht weiter

„Peinlich“ nennt AL-Anwalt Christian Ströbele das Vorgehen von Frederike Frei, einer Hamburger Szene-Dichterin. Auf die „biedere, scheißbürgerliche Ebene“ stelle sich die AL, schimpft dagegen der Anwalt der Dichterin. „Scheißbürgerlich“ findet Anwalt Jipp, daß die AL das „geistige Eigentum“ seiner Mandantin mißachtet und sich weigert, ihr Lizenzgebühren zu zahlen. „Wir schulden unseren Träumen noch Leben“, diesen aktuellen AL-Wahlslogan will, wie berichtet, Dichterin Frei erdacht und 1977 publiziert haben. 1988 im Dezember drohte sie der AL per Schreiben ihres Anwalts - ganz locker, unbieder und freakig - eine Klage an. AL-Anwalt Ströbele wies jetzt den Vorwurf schriftlich - zurück. Ströbele gestern zur taz: „Keiner in der AL kennt das Buch von Frederike Frei. Der Spruch wurde nicht geklaut.“

Doch Jipp will jetzt auf jeden Fall Klage einreichen. Ströbele hat vor, seinerseits gegen Frei zwei Zeugen aufzubieten. Sie wollen den Spruch schon 1975 gehört haben. Gütlich mit Dichterin Frei einigen will sich auch die AL nicht. Das zu verlangen, habe die Hamburgerin „kein Recht“. Erst 1976 (in Postkartenform) und 1977 (gebunden) hat Frederike Frei ihre traumhaften Zeilen veröffentlicht. Geschrieben hat sie sie angeblich schon 1968.

„Die Klage ist ein Witz“, teilte die Dichterin jetzt mit. Genau deshalb, verstehe wer will, will sie auf jeden Fall vor Gericht ziehen. Denn: „Nur Witze nehme ich ernst.“ Nicht mehr ganz ernst nehmen will sie die „olle Kamelle“, die sie in den siebzigern veröffentlichte. „Blauäugig“ sei die AL, wenn sie heute mit solchen Sprüchen hausieren gehe, meint Frederike Frei.

Wie wahr. Frei weiter: „Vor zehn Jahren hätte ich diesen Spruch noch verschenkt. Heute allerdings sollte man dafür zahlen.“ Warum? „Es geht nicht mehr naiv darum“, klärt die geläuterte Dichterin uns auf, „daß wir unsere Träume verwirklichen, sondern wie. Das ist doch die Frage.“ Frau Frei versucht es mit einer Klage.

Anwalt Jipp zu den Interessen seiner Mandantin: „Böll bräuchte das Geld in so einem Fall nicht.“ Aber Frederike Frei? 2.000 Mark verlangt sie von der AL. Einige Wochen auf den Seychellen (Träume, Leben usw.) müßten drin sein.

hmt