Mehr U-Bahn zum Jubiläum der S-Bahn

■ Getrübte Feier zum 5jährigen Jubiläum der S-Bahn-Übernahme / Verkehrsverwaltung hat über Umnutzung der Lichterfelder S-Bahn-Trasse für U-Bahn-Weiterbau nach Lankwitz offenbar schon entschieden / IGEB kündigte Protestkampagne an

Alternativ erwogene Planungen, für die Verlängerung der U -Bahn-Linie 9 nach Lankwitz die Trasse der stillgelegten S -Bahn-Strecke nach Lichterfelde Süd in Anspruch zu nehmen, sind in der Verkehrsverwaltung jetzt offenbar beschlossene Sache. Vieles spreche dafür, daß sich der Senat in Kürze für diese „Kombination von U- und S-Bahn“ entscheiden werde, sagte gestern Verkehrssenator Wronski anläßlich der Eröffnung einer kleinen Ausstellung zum fünfjährigen Jubiläum der S-Bahn-Übernahme.

Gegen eine solche Entscheidung, die auf eine dauerhafte Stillegung des S-Bahnbetriebes nach Lichterfelde hinausläuft, kündigten Vertreter der Interessengemeinschaft Eisenbahn- und Nahverkehr (IGEB) einen „Sturmlauf des Protestes“ an. „Damit werden zahlreiche Entwicklungsmöglichkeiten für das S- und U-Bahn-Netz im Steglitzer und Tempelhofer Raum verbaut“, kritisierte gegenüber der taz Christfried Tschepe von der IGEB. „Wir fordern, daß auf der Trasse nach Lichterfelde Süd schnellstmöglich die S-Bahn wieder in Betrieb genommen wird, weil das schnelle Direktverbindungen in den Norden schafft“, erklärte Tschepe.

Die nach einer Senatsschätzung von 1984 mindestens 600 Mio. Mark teure U-Bahn-Verlängerung soll bereits in diesem Jahr beginnen. Gedacht ist an eine Finanzierung aus Bonner Strukturfondsmitteln. Ebenfalls noch in diesem Jahr werde mit den ersten Baumaßnahmen zur Wiederinbetriebnahme des S -Bahn-Südrings begonnen, kündigte Wronski an. Zuvor war noch von 1990 die Rede gewesen.

Ansonsten machte der scheidende Verkehrssenator deutlich, daß sich an der Senatsplanung, frühestens nach dem Jahre 2000 weitere S-Bahn-Strecken zu eröffnen, nichts ändern werde. „Der Senat kann und wird sich von lokalen Wünschen nicht beeinflussen lassen, denn er muß als Treuhänder öffentlicher Mittel verkehrswertorientiert investieren“, beschwor der Senator.

„Macht es nicht zu doll“, lamentierte auch der BVG -Gesamtpersonalratsvorsitzende Mehner die Forderung nach „mehr S-Bahn“. „Kraftakte“ der Vergangenheit wie die vorgezogene Wiedereröffnung der Wannseebahn 1985, die überdimensional zulasten des Bus-Netzes gegangen seien und gleichzeitig zu einer Begrenzung des Verlustzuschusses für die BVG geführt hätten, seien einfach nicht noch einmal zu leisten.

BVG-Direktor Lorenzen blieb es demgegenüber vorbehalten, das neueste positive Ergebnis der von ihm herausgestellten guten Verhandlungsatmosphäre mit der Ost-Berliner Reichsbahn hervorzuheben: Die Reichsbahn gab nach seinen Worten dieser Tage die Genehmigung zur Durchfahrung des Nord-Süd-Tunnels unter Ost-Berlin für die neuen S-Bahnzüge der Baureihe 480 ab Februar.

Thomas Knauf