Mitgift gegen Gift

■ Umwelt-Technologie: Drittmittel sollen Wissenschaft und Unternehmen in Kontakt bringen / „Alle Beteiligten haben das Gefühl, sie tun was Gutes“

Wie kommen Vernunftehen zustande? Man braucht zwei PartnerInnen, einen Kuppler, eine Mitgift und - harmonische Interessen. Nach diesem Strickmuster sollen jetzt in Bremen zum Thema Umweltschutz neue Partnerschaften gegründet werden. „Das funktioniert wie ein Ehe-Anbahnungs-Institut“, erläuterte gestern vor JournalistInnen Senatsdirektor Jürgen Lüthge aus dem Umwelt-Ressort das noch junge Tätigkeitsfeld seiner Behörde. Und das geht so: Bremer Firmen und Bremer WissenschaftlerInnen werden zueinander gebracht. Die ersteren haben entweder viel Dreck am Stecken, in den Abwässern und Rauchgasen, oder sie wollen mächtig in den neuen Markt drängen, auf dem es für Umweltschutz-Produkte viel Geld zu verdienen gibt. Die WissenschaftlerInnen auf dem Uni-Campus forschen ebenso hochqualifiziert wie isoliert zum Beispiel an Mikroorganismen oder „biomembranen Entgiftungen“.

Und weil Bremer PolitikerInnen vor den Türen der WählerInnen Kleingärten auf verseuchten Böden ebenso schlecht gebrauchen können wie Dioxin-Fahnen aus der MVA, nennen sie das „die politische Herausforderung Umweltschutz“ und spielen Kuppler.

Weil die Interessen wunderbarerweise so harmonisch zusammengehen, kann die Umweltbehörde passende PartnerInnen zusammenführen. Dafür gibt es sogar einen druckfrischen Kontakt-Katalog, der in schönster Eintracht von den SenatorInnen für Wissenschaft und für Umwelt und von der Handelskammer zusammengestellt wurde. 79 wissenschaftliche Institutionen in Bremen (etwa zu Abwasser, Lärm, Radioaktivität, Haftung bei Emissionen) und Unternehmen von zehn Umweltschutzbereichen sind sämtlich mit Personalkapazitäten und Leistungsprofilen zusammengestellt.

Bleibt die Frage der Mitgift. „Bisher war es reiner Zufall, ob

wir Gelder aus Bundes-oder EG-Mitteln lockermachen konnten“, so Jürgen Lüthge, „das koordinieren wir jetzt geschickter.“ Heute und morgen sitzen die ForscherInnen in den sachlich -praktischen Räumen des BITZ (Bremer Innovations-und Technologiezentrum) beim Workshop und erfahren, wer von ihnen woran arbeitet. Ein Experte für Drittmittel wird über die bundesweit interessanten Hauptforschungslinien referieren, für die dann mit gezielteren Anträgen Gelder des Bundes oder der EG lockergemacht werden können. Aus dem Bremer Topf des Programms „Arbeit und Umwelt“ sind im letzten Jahr 15 Millionen in solche Kooperations-Projekte geflossen; bislang sind rund 40 Firmen und 30-40 WissenschaftlerInnen in Kontakt gekommen.

Der Rektor der Universität, Jürgen Timm, freute sich denn auch, die schon beachtliche Liste der Technologie-Ehen vorlegen zu können. Denn nicht nur Fir

men und passende Wissenschaft lerInnen müssen sich und Interesse aneinander finden, sondern Informatiker müssen mit Biologinnen überhaupt reden lernen: ein langer Prozeß interdisziplinärer Mühen. „Politische Abneigung aus Zeiten der linken Kaderschmiede“ gegen das Ganze ließen bisher die Bremer Firmen nicht erkennen, wußte Lüthge, „und die WissenschaftlerInnen haben doch auch das Gefühl: 'Wir tun was Gutes‘.“ Den Zeiten der universitären Analyse folgen jetzt die der Umwelt -Produktionstechnik. 111 Projekte laufen schon: Ölboden -Waschanlage beim Vulkan, Biogas-Anlage bei AN, Datenbanksysteme und Kartierung für Umweltschäden, Aerosolminderung beim Farbspritzen, Unkrautbekämpfung auf Bahnkörpern durch Mikrowelle, Ersatz giftiger Kaltreiniger, Fernaufklärung bei Chemieunfällen auf See. Scheidungen wurden bisher nicht eingereicht. Susanne Paa