Im Diskothekenwald

■ Rainer Fetting in der Raab Galerie

Rainer Fettings Künstlerkarriere liest sich wie ein Bilderbuchroman oder wie jenes Klischee vom New Yorker Tellerwäschermillionär „Anythinggoes“. Vor 20 Jahren Tischlerlehre, nun gemalte Wälder, 50.000 Dollar pro Bild, schon verkauft.

Bekannt wurde Rainer Fetting, als er 1980 mit Middendorf, Salome und Zimmer im Haus am Waldsee spektakulär den Publikumsgeschmack umstimmte von gesellschaftskritischer auf libidinöse „Diskothekenkunst“. Gitarrenspieler und Drummer aus der damaligen Punkszene waren beliebte Motive, sinnliche Männer beim Duschen wurden 1981 in der Royal Akademy mit internationaler Anerkennung Vorreiter der Berliner „Erfolgsmaler“, Seestücke waren thematische Überraschungen.

Nun also Wälder, wobei zu sagen ist, daß Fettings Malerei sich nicht nach dem Publikum richtet, wohl aber deren Geschmack, Vorlieben und Prioritäten in den achtziger Jahren wesentlich mitbestimmt hat. In den übersichtlichen Räumen der Galerie Raab, in der Fetting wiederholt ausgestellt hat, kommen seine Werke besonders gut zur Geltung. Diesmal hat man fast das Gefühl, im Wald zu stehen, wenn man die großen Formate abschreitet und betrachtet. „Halluzinationen des Waldes - der trip“ heißt ein Bild, auf dem die Farben schön leuchten, ein weißer Wolfshund von rechts in den grün-blauen Wald läuft, in dem drei rote Farbstellen das Farbgefühl pointieren. Ölfarbe mit Sand vermischt, damit sie nicht so glatt wirkt (das kennt man von Francis Bacon), Tannenzapfen ins Bild geklebt, Assemblagen also (das kennt man von Kienholz, Petrick oder Rauschenberg). Das Ganze auf Leinwand, beiger Hintergrund, 290 x 400 cm groß, zweiteilig, in der Mitte etwas geteilt, Privatsammlung Jerusalem.

Das zweite Bild, 300 x 600 cm (dreiteilig), fast so ausladend wie jene von Anselm Kiefer, heißt „Großer Wald“. Schmalere oder dickere Bäume vor orangenem Hintergrund, meist senkrecht mit manchen queren oder diagonalen oder emporstrebenden Ästen, rechts eine rote Sonne im Hintergrund: Schönheit und Glaubwürdigkeit von Stimmung, fast echt wie im Märchenheft.

Etwas schräg um die Ecke, ein Schwarzer, naiv, auch im Wald, aber in Dusch- oder Discothekenhaltung, verhalten komisch, exzellent gemalt in figürlicher Hinsicht, was Fettings Handschrift auch für Laien erkennbar macht. Im Hinterraum der Galerie kleinere Werke, erschwinglich auch für Interessenten ohne dickes Portemonnaie. „Waldstück“ heißen sie, 90 x 70 cm groß.

Insgesamt kann man bestätigen, daß Fettings Rang und Können als führender Maler der Heftigen oder Wilden auch durch Themenmalerei - beim Thema Wald ohne Ökologismen oder didaktische Winke mit dem Zaunpfahl auszukommen, bedeutet ja auch schon eine Kunst an sich -, die ja immer etwas Professorales oder Markt-Markenmäßiges hat, nicht kreativ begrenzt wurde. Seine neuen Bilder sind eine einprägsame und glaubwürdige ästhetische Weiterentwicklung