Streik nur bei „Kommunikationskurs“

Eine Medizinstudentin der FU über die Gründe, warum sie gegen die Fortsetzung des Streiks ist / Konfrontationskurs bringt nichts / Die Gesprächsbereitschaft fehlt  ■ I N T E R V I E W

taz: Mit knapper Mehrheit waren die Medizinstudenten ja für eine Fortsetzung des Streiks. Du hast dagegen gestimmt. Warum?

Studentin: Ich bin der Meinung, daß in dieser Form und Weise nichts weiter zustandegebracht wird und daß ich ganz eklatant meine persönlichen Interessen gefährdet sehe, das heißt also, mein Physikum.

Fühlst Du Dich als Streikbrecherin?

Natürlich bin ich ganz klar ein Streikbrecher, aber ich habe da von der moralischen Seite keine Probleme damit.

Bist Du denn der Meinung, daß die Forderungen berechtigt sind, die die Medizinstudenten vertreten?

Natürlich, da ist 'ne Menge, was auch berechtigt ist. Nur Konfrontationskurs nach meiner Meinung bringt nichts. Wenn, dann nur Kommunikationskurs. Das sehe ich einfach nicht gegeben, und wie soll ich mich sonst verhalten, wenn ich vor der Wahl stehe, mein Physikum entweder zu machen oder für eine Linie zu opfern, die ich einfach nicht vertreten kann? Für mich ist das ja persönlich eine ganz schwierige Sache. Ich bin jetzt auch nicht der Arsch, der sich da hinstellt und sagt, ja, ihr Streiker seid ja alle Idioten, ich mache, was ich will. Ich meine, für mich ist es auch ein Kampf gewesen, und ich fühle mich auch jetzt bei diesem Polizeieinsatz nicht wohl.

Dir fehlt also der Dialog?

Ja genau, wie auch beim gewerkschaftlichen Streik müssen die Leute an einen Schlichtungstisch gehen, müssen sich nach einer Woche oder so treffen und müssen versuchen, was auszuhandeln. Und das ist nicht passiert.

Aber liegt das nicht auch daran, daß sich Unileitung oder die Dekane nicht gerade gesprächsbereit gezeigt haben?

Ja natürlich auch, aber die Sache war ja bisher immer die, daß es hieß, und damit haben sie (die Streikbefürworter, d.Red.) ja auch recht, daß die jahrelang nicht mit uns reden wollten, also reden wir jetzt mit denen auch nicht. Bloß, die Frage ist, wann dann?

Du glaubst also nicht, daß die Fortsetzung des Streiks dazu führt, daß die Unileitung sich mit den Forderungen der Studenten endlich mal auseinandersetzt?

Also, das mit der paritätischen Mitbestimmung, das geht einfach nicht so schnell, das muß über den Bundestag laufen, das ist eine rein juristische Angelegenheit. Da kannst du bis Pflaumenpfingsten streiken. Aber zum Beispiel die Umstrukturierung der Medizinerausbildung, da kann ich doch nur was verändern, wenn ich mich mit den Profs zusammensetze und mit denen rede. Solange ich sage, ich will nicht, dann passiert auch nichts. Das war dann auch unser Problem. Das hat bei vielen von uns dazu geführt, gegen die Fortsetzung des Streiks zu stimmen.

Christine Berger