SOLIDARITÄTS-HUNGERSTREIK IM STRAUBINGER KNAST

Wir, Gefangene in der JVA-Straubing, West-Deutschland, haben die Meldungen über den mutigen Hungerstreik unserer Leidensgenossen in den türkischen Kerkern mitverfolgt sowie von der grausamen unmenschlichen Behandlung von Seiten des türkischen Regimes Kenntnis genommen.

Die Methoden der Gewaltanwendung, die von der „zivilen“ Regierung in Ankara angewandt werden, stellen grobe Verstöße gegen türkisches sowie internationales Gesetz dar, insbesondere gegen die Bestimmungen der Genfer Konvention.

Das Verhalten der Regierung, die die eigenen Versprechen und Gesetze gebrochen hat, ist für alle, die sehen können, ein eindeutiger Beweis dafür, daß dort nach wie vor ein diktatorisches Regime an der Macht ist, das mit Gewalt gegen den Willen des türkischen Volkes regiert.

Wochen sind inzwischen vergangen, und das Leben der streikenden Kameraden ist in Gefahr; viele schweben in Lebensgefahr (einer ist schon gestorben!), aber das Regime ist unnachgiebig: es respektiert das menschliche Leben nicht!

Daß die Forderungen der im Streik befindlichen Kameraden gerechtfertigt sind, zeigt schon der Umstand, daß die Regierung seinerzeit auf die Forderungen nach Tragen von Zivilkleidung in den Gefängnissen (u.a.) eingegangen ist, nachdem allerdings viele ihr Leben geopfert hatten. Aus diesen Gründen erklären wir, die Unterzeichner, uns solidarisch mit den Streikenden in türkischen Kerkern und haben ebenfalls einen Hungerstreik mit unbestimmtem Ende beschlossen.

-Wir fordern die türkische Regierung auf, alle Forderungen der streikenden Häftlinge, insbesondere die nach Tragen von ziviler Kleidung, anzuerkennen und ihnen alle konfiszierten Materialien wiederzugeben!

-Wir fordern die türkische Regierung auf, die Genfer Konvention zu respektieren und alle anderen Gesetze, die die „Menschenrechte“ betreffen!

-Wir appellieren an die Weltöffentlichkeit, insbesondere diejenigen, die sich für die Menschenrechte einsetzen, unsere streikenden Genossen mit allen Mitteln zu unterstützen!

-Wir verurteilen jede Form der Folter, die das türkische Regime anwendet, insbesondere die Isolations-Folter!

-Wir verurteilen das türkische Regime und seine Handlanger für die grausame Behandlung und die Gewaltanwendung gegen die Familien, inclusive Kinder der Inhaftierten!

FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN! EINIGKEIT BIS ZUM SIEG! ES LEBE DIE FREIHEIT! ES LEBE DAS VOLK!

Straubing, 5.12.1988

unterzeichnet von zehn ausländischen und fünf deutschen Gefangenen