Meldepflicht für Nuklearexporteure

Kabinett berät über Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes / Besserer Datenaustausch von Zollverwaltung und Bundesamt für Wirtschaft geplant / Strafmaß bei Verstößen soll erhöht werden  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Die Bundesregierung erwägt eine Meldepflicht für die Produzenten von Nuklearanlagen-Komponenten, die beim Export genehmigungspflichtig sind. Dieser Vorschlag, der auf einen Wunsch von Umweltminister Töpfer zurückgeht, ist die einzige handfeste Neuerung auf einer langen Liste von Maßnahmen zur verschärften Exportkontrolle, die gestern im Kabinett beschlossen wurde. Durch die Meldepflicht für Unternehmen sollen die Oberfinanzdirektionen Unterlagen für „gezielte Außenwirtschaftsprüfungen“ bekommen, erläuterte Wirtschaftsminister Haussmann gestern. Auch habe das Bundesamt für Wirtschaft, zuständig für die Erteilung von Genehmigungen, dadurch mehr „Vergleichsmaterial“.

Ansonsten gehen die Vorschläge einer interministeriellen Arbeitsgruppe darauf hinaus, daß zwischen den Behörden viel Papier hin- und hergeschoben wird: Die routinemäßigen Ausfuhrerklärungen, die beim Zoll vorgelegt werden müssen, sollen von der Zollverwaltung und dem Bundesamt für Wirtschaft nun „ausgewertet“ werden. Mehr Daten sollen Umweltministerium, Landesbehörden und Zollstellen austauschen, zum Beispiel Listen über atomrechtliche Genehmigungen; der Zollfahndungsdienst soll in den „Nachrichtenaustausch über illegale Ausfuhren sensibler Waren einbezogen“ werden - was der Laie eigentlich längst vermutet hätte.

Völlig unausgegoren wirken auch andere Vorschläge, wie zum Beispiel das Mitwirken an der Herstellung von chemischen und biologischen Waffen im Ausland unter Strafe zu stellen. In der Tendenz zielen diese Überlegungen darauf ab, von der völkerrechtlich festgelegten Verantwortung der Regierung abzulenken und das Augenmerk auf den Einzeltäter beziehungsweise die einzelne Firma zu legen.

Deutlich wird dies insbesondere an dem Vorschlag, „die (staatlichen) Verpflichtungen nach dem Atomwaffensperrvertrag durch Gesetz auf den einzelnen auszudehnen“: Bei allen fraglichen Verstößen gegen den Atomwaffensperrvertrag in der jüngsten Vergangenheit hatte hingegen die mangelnde Kontrolle durch die Bundesbehörden im Blickpunkt gestanden. Die vorgesehene Erhöhung des Strafmaßes bei Verstößen gegen das Außenwirtschaftsgesetz dürfte auf illegale Exporteure kaum eine größere Abschreckungswirkung haben. Fünf Jahre statt bisher drei Jahre Höchststrafe, so sieht es die schon im Dezember verabschiedete Gesetzesnovelle vor; zusätzlich wird nun eine Aufstockung des Bußgeld-Höchstbetrages von derzeit 500.000 Mark auf eine Million Mark erwogen. In der Libyen-Diskussion sorgte gestern eine offensichtlich unbedachte Äußerung von Haussmanns Abteilungsleiter für Außenwirtschaft, Schomerus, für neue Verwirrung in Bonn. Vor der Presse sagte Schomerus über die Tätigkeit der Behörden: „Wir haben unter anderem Maßnahmen eingeleitet, die verhindern sollen, daß noch nicht gelieferte Komponenten mal geliefert werden.“ Dabei spiele die Firma Siemens keine Rolle, sondern andere Firmen „im Umfeld der Imhausen-Ermittlungen“, deren Namen er aber nicht nennen könne. Am Nachmittag dementierte der Sprecher des Ministeriums wieder: Es sei „nichts gestoppt“ worden, es habe keinen „Anlagen-Lieferstopp irgendeiner Art“ gegeben.