„Die Wirtschaft nicht stören“

■ CDU-Wirtschaftsrat will neue Wirtschaftspolitik für Bremen / Barrieren für wirtschaftliche Expansion müssen fallen / Kritik an Senatoren

Während im großen Saal des Parkhotels die letzten Vorbereitungen für den feucht-fröhlichen Abschlußball des Sechs-Tage-Rennens getroffen werden, geht es im vollbesetzten Nebenraum um Wichtiges und Ernsthaftes - um Politik. Der Wirtschaftsrat der Bremer CDU will den „Struk

turwandel am Beispiel Bremen“ diskutieren. Aber zu einer Diskussion kommt es eigentlich gar nicht. Man kennt sich, die grundsätzlichen Positionen sind unstrittig und bekannt. Doch weil zu einer öffentlichen Veranstaltung eingeladen worden ist, müssen sie nochmal dargestellt werden

heute von Peter Kloess, Präsident der Bremer Arbeitgeberverbände.

Und was er zu sagen hat, gefällt den Anwesenden. Die Probleme dieser Welt hängen eng mit den Wachstumsraten zusammen, oder anders: Wenn die Wirtschaft gesund ist, geht es allen Menschen gut. Aber die Wirtschaft ist krank: Arbeitslosigkeit und sinkende Exporte sind die Symptome, eine erstarkende Konkurrenz anderer Länder, Rechtsunsicherheit und viel zu hohe Arbeitskosten in der Bundesrepublik die Diagnose. Angesichts dieses Zustands muß nach Auffassung von Kloess ein besonderes Augenmerk auf die Therapie gelegt werden. Die von Gewerkschaften und einzelnen Parteien vorgeschlagene Ausweitung der Tarifautonomie und Verkürzung der Arbeitszeit jedenfalls sei der falsche Weg: „Kollektive Arbeitszeitverkürzung ist kollektiver Unfug.“ Bei einer Durchsetzung der 35-Stunden-Woche würde beispielsweise ein japanischer Forscher bis zum Jahre 2000 insgesamt drei Jahre länger denken und forschen können als sein deutscher Kollege. Was dem da alles einfallen könnte!

Hauptadressat für eine richtige Therapie sei einerseits die staatliche Steuerpolitik, andererseits die Tarifpolitik. „Das System muß elastischer und anpassungsfähiger werden.“ Und das bedeutet nicht nur staatliche Garantien für eine wirtschaftliche Expansionspolitik, sondern insbesondere auch Beweglichkeit bei den Löhnen und Gehältern. Die müßten stärker nach der Qualifikation der einzelnen Mitarbeiter ausgerichtet werden, niedrigere Einstiegslöhne für Langzeit -Arbeitslose sollten möglich werden. Das Ziel, die „beschäftigungshemmenden Faktoren zu beseitigen“, ist dann, wie die Wirtschaftspolitik insgesamt, wieder für alle Menschen gut - gemeinnützig gewissermaßen.

Frank Lutz, Landesvorsitzender der CDU -Mittelstandsvereinigung, überträgt diese Erkenntnisse in die Bremer Kommunalpolitik. Der Standort Bremen sei nach wie vor für den Mittelstand sehr interessant, die gesetzlichen Vorschriften seien eine gute Grundlage für eine gute Wirtschaftspolitik, ist Lutz‘ Überzeugung. Wenn dann trotzdem neue Betriebe nicht angesiedelt werden könnten, alte zum Teil abwanderten, liege dies einzig und allein an der Bremer Politik. Es mangele an neuen Industriegebieten, bei der Bearbeitung von Bauanträgen müßten unzumutbar lange Wartezeiten hingenommen werden, oft würden Anträge abgelehnt. Die Verkehrssituation in Bremen sei eine Katastrophe, und die politischen Repräsentanten der Hansestadt hätten diesen Namen nicht verdient. Finanzsenator Grobecker verhalte sich in Verhandlungen oft wie ein Rüpel, Bildungssenator Franke sei nur noch mit dem Glas in der Hand zu sehen - selbst am frühen Morgen als Chefredakteur in der taz. Und der größte Skandal: Die Medien fänden dies nicht einmal mehr kritikwürdig. Doch Lutz weiß auch Lösungen: Aus der Wirtschaft müsse mehr politisches Engagement und mehr Einflußnahme kommen. Und: „Die absolute Mehrheit der SPD in Bremen ist überflüssig. Ihre Stammwähler machen lediglich 45% aller wahlberechtigten Bremer aus“.

Also muß eine andere politische Mehrheit her! Wie dann die neue Wirtschaftspolitik aussieht, kann keiner besser auf den Punkt bringen, als der jetzige Oppositionsführer in der Bürgerschaft, Reinhard Metz: „Mit der Wirtschaftspolitik ist dann viel gewonnen, wenn es ihr gelingt, die Wirtschaft nicht zu stören.“

oma