: Alleingänge
■ Angaben zu einer Theater- Text- und Tanz-Serie, die heute abend beginnt, mit Fortsetzungen im Februar und März
Heute abend wird im Probenraum des Bildertheaters in der Schildstraße eine Serie von „Alleingängen“ mit einer Peep -Show eröffnet: Bis zu 30 ZuschauerInnen können dabei von „buten“ nach „binnen“ linsen, in eine kleine Vorschau der Stücke, die dann ab Freitag am gleichen Ort in toto zu sehen sind.
Die Idee, „Alleingänge“, also Solostücke, zu einer gemeinsamen Reihe zu bündeln, kam Stefan Pleyn und Gil Staug während der Probenarbeit an ihren Solostücken in dem alten Bremer Haus in der Schildstraße. Der kleine Raum lädt ein, auch „works in progress“, Unfertiges in der Werkstatt vorzustellen.
Den Anfang (am Freitag, 13.1., 21 Uhr) macht Stefan Pleyn mit „Torso“. Pleyn, 1980 durch Gil Staugs und Barbara Theobalds Theater „Dauerton“ zum Schauspielen gekommen, hat 1988 das zweite Halbjahresstudio bei Jürgen Müller-Othzen gemacht und ist Mitglied des entstehenden Ensembles „Freiraum„-Theater. „Torso“ verwendet Texte des Dadaisten Hugo Ball und des Bremer Schriftstellers Edgar Beutler (noch lebendig, wohnhaft in Bremen). Mit dem Torso einer Puppe spielt Pleyn unter der Regie von Christine Tigges alle Stadien einer Beziehung durch, bzw. die Männerphantasie davon. Die Geschichte vom Wegwollen und nicht können, vom Die-Wahrheit-Sagen-Müssen und nicht können bis zum Punkt des Losschlagenmüssens (und auch - könnens). „Das Schlagen,“ beschreibt Pleyn den Vorgang, „ist erst dann vorbei, wenn das Gefühl vorbei ist, wenn nichts mehr da ist.“
Den nächsten Alleingang tut Philipp Schaefer mit „Ein unbekannter Vogel“, einem Stück, das er schon im August im Freiraum-Theater uraufgeführt hat. Schaefer hat 1980 in Bonn als Musiker und Schauspieler in der Rock-Theaterformation TOC-Band begonnen, hat dann Straßentheater für Kinder gespielt, 86/87 bei Jaques Lecoq und 1988 im 2. Studio von Jürgen Müller-Othzen gelernt. Sein Stück spielt -clownshaft
-mit der Tücke des alltäglichen Objekts, mit Telefon, Schreibmaschine und Obersassen des Schriftstellers in seiner Klause, dessen Schöpfungsabsichten um so größer werden, je kleiner der Alltag draußen wird.
Der sich das natürlich nicht gefallen läßt. Regie führt Alvaro Solar, Regisseur von Erwi und Alvis Talka-Reise und jüngst in Bremen mit Kafkas „Bericht an eine Akademie“ zu sehen.
Sonntag (15.1., 21 Uhr) stellt Gil Staug seine szenische Erzählung „Kaspar Hauser“ vor. Staug hat nach dem Theater Dauerton (bis 1984) verschiedene umsonst-und-draußen-Theater -Inszenierungen gemacht (unter anderem 1985 die „Verabschiedung“, 1987 den Marat/de Sade auf dem Marktplatz). Der Kaspar Hauser, basierend auf einer Vorlage von Jürg Amann, ist sein erstes Solo-Theaterstück. Regie führt der polnische Schauspieler Mariusz Prasa, ein ehemaliges Mitglied des Krotowski-Laboratoriums, das jetzt malochend in Bremen sein Leben fristet, aber auch schon bei Japsersen/Kuppels „Männerheit“ Regie geführt hat.
An der Geschichte des rätselhaften Ansbacher Findelkindes Kaspar Hauser interessiert Staug, wie einer ist, der keine „Sozialisation“ genossen hat und die „wer-bin-ich„-Frage stellt. „Wird nicht ein im Reagenzglas gezeugtes Kind des 20. Jahrhunderts dasselbe sagen müssen?“ fragt Staug. Auch Staugs Kaspar hat eine Puppe, ein kleines Strohpferdchen, ein alter Ego.
Ab 17. Januar sind dann die Stücke jeweils an mehreren Abenden nochmal zu sehen. Die Reihe wird fortgesetzt mit weiteren Alleingängen. Einen macht Gotthardt Kuppel, der aus seinem Romanerstling „Das Bühnengewicht“ liest (24.1., 21 Uhr) und später (Februar/März) Anna Pocher mit einer neuen Tanztheaterarbeit.
Uta Stolle
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