Polizei hat Null Bock auf Uni-Einsatz

■ Die Gewerkschaft der Polizei beschwert sich: „Keine Lust, den Kopf für verfehlte Politik hinzuhalten“ / TU-Präsident Fricke verzichtet auf Polizeihilfe

Nach einer Woche Einsatz an der Universität haben die Polizisten die Nase voll. „Die Beamten haben keine Lust, den Kopf hinzuhalten für eine verfehlte Hochschulpolitik“, sagte gestern der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Burkhard von Walsleben. Der Überstundenberg wachse und wachse. Die Verantwortlichen sollten endlich eine klare politische Antwort auf die Probleme an den Universitäten geben, fordert die GdP. Walsleben hat sich in einem Brief an Diepgen bitter über die „unerträgliche Arbeits- und Streßsituation“ beklagt und offen gedroht, daß diese Belastungen zu „polizeilichen Fehleinschätzungen führen können, weil der Streß physisch und psychisch nicht mehr durchzuhalten“ sei.

Zur Zeit sind täglich etwa 400 Beamte im Einsatz. Ihr Einsatzbefehl scheint unklar zu sein. Zwar sollen sie die Zugänge zu den Uni-Gebäuden sichern, praktisch verhalten sie sich aber indifferent. Das Physiologiegebäude in der Arnimallee, das bereits letzte Woche geräumt worden war, ist trotz Polizeipräsenz nicht zu betreten. Einzelnen Studenten wird zwar der Weg freigeknüppelt, andere klettern über Zäune. Doch von einem geordneten Lehrbetrieb kann nicht die Rede sein. Landespolizeidirektor Kittlaus bestreitet, daß der Einsatzbefehl nicht klar sei. „Der Auftrag ist, Studierwilligen den Zugang zu ermöglichen - und das tun wir.“

Die Antwort, die der Gewerkschafter Walsleben gestern abend postwendend von Eberhard Diepgen bekam, ist lapidar. Der Wissenschaftssenator bemühe sich um Problemlösungen, schrieb der Regierende, und hofft, daß die Studenten erkennen, daß „alles kurzfristig und mittelfristig Mögliche und Sinnvolle“ bereits getan wird.

Im Gegensatz zum Regierenden hat Wissenschaftssenator Turner allerdings hartes Vorgehen gegen die streikenden Studenten gefordert. An einer internen Lagebesprechung am Montag von den Präsidenten der FU, TU und der TFH nahmen neben Turner auch Innensenator Kewenig, die Polizeiführung, FU-Präsident Heckelmann mit Dekanen und Prodekanen, TU -Präsident Fricke und TFH-Präsident Tippe teil. Turner, so war zu erfahren, erklärte den Universitätsvertretern, mit der bis Weihnachten geübten Toleranz müsse Schluß sein und der Streik beendet werden. Pikant: Widerspruch bekam Turner ausgerechnet von seinem Amtsvorgänger Kewenig, der erklärte, die jahrelang verfehlte Hochschulpolitik könne nicht mit der Polizei gelöst werden. Für weitere Einsätze reicht nach Kewenig nicht mehr allein ein Anruf aus den universitären Präsidialämtern. Vielmehr müsse ein schriftlicher Antrag und ein Strafantrag der Präsidenten vorliegen.

Zu einem offenen Streit unter den FU-Dekanen und FU -Präsident Heckelmann kam es, als mehrere Dekane einen Polizeieinsatz für ihr Institut forderten. Im Gegensatz zu Heckelmann erklärten Fricke und Tippe, daß sie keine Polizei anfordern werden.

bf/wist