Vorlauf: Das Grauen muß nicht blutig sein / "Verkauft und verraten"

(Verkauft und verraten, 21 Uhr 45, West 3) Hier, im Grenzgebiet zwischen Iran und Irak, haben die Kurden gelernt, was es heißt, Spielball der Mächte zu sein. Nicht erst, seit irakische Bomber wieder Giftgas über den Dörfern abwerfen, wissen die Kurden um das Antlitz der Unmenschlichkeit. Über Jahrhunderte haben sie ertragen müssen, wie sie für die Machtinteressen der Engländer, Russen, Amerikaner, Türken, Iraker und Perser mißbraucht wurden. Christian Sterley erzählt in seinem Film die Leidensgeschichte dieses Volkes - eine Passion in ungezählten Stationen der Marter und des Todes. Fast jede Einstellung wurde unter schwierigen Bedingungen, oft ohne Drehgenehmigung, illegal aufgenommen. Heimlich drehte Christian Sterley in den Ländern, wo heute Kurden leben: im türkischen Ostanatolien, in iranisch-irakischen Grenzgebieten und in Syrien. Spektakuläre Bilder zeigt er aber auch von der kurdischen Untergrundorganisation PKK. Zum ersten Mal gelang es einem westlichen Kamera-Team, diese militärische Organisation der Kurdischen Revolutionären Arbeiterpartei bei Übungen in PLO-Ausbildungscamps im Bekaa -Tal zu filmen. Die PKK, die des Papstattentats und des Mordes an Olof Palme bezichtigt wurde, gilt als so etwas wie eine Hoffnung für den kurdischen Freiheitsgedanken. Oft genug aber überfallen die Kämpfer der PKK bei ihren nächtlichen Attacken auch kurdische Zivilisten, die ihnen politisch nicht genehm sind - Inkonsequenzen in einem Kampf, der nur gemeinsam erfolgreich ausgetragen werden könnte.

So bleiben die Kurden ein Volk ohne Zukunft, denn nichts deutet darauf hin, daß sich die politischen Konstellationen zu ihren Gunsten ändern werden. Am Ende das ewiggleiche Bild: fliehende Menschen in einer Karawane aus Staub - keine Fata Morgana, sondern alltägliches Schicksal eines geächteten Volkes.

Christof Boy