Isabelle Adjani-betr.: "Pflicht zur Einmischung", taz vom 5.1.89

betr.: „Pflicht zur Einmischung“, taz vom 5.1.89

(...) Isabelle Adjani ist also „Halbalgerierin“. Sie ist aber auch „französische Schauspielerin“, und eine deutsche Mutter gibt es außerdem. Besteht die Frau vielleicht aus drei Hälften? Nein, das Problem liegt darin, Menschen mit solchen „Halb„-Begriffen zu zerteilen. Wir hatten ja schonmal die „Vierteljuden“. Aber solche sprachliche Vorsicht ist ja in der taz nicht so flächendeckend verbreitet, ich vergaß.

Holger Karl, (ein Achtelschweizer), Köln 1

(...) Ich will nicht sagen, es geht uns nichts an, daß sich zum Beispiel in Algerien ein starres und repressives System etabliert hat - wir fordern auch Einhaltung der Menschenrechte in der Türkei und im Iran -, doch daß die Algerier (und das gilt für alle Völker der sogenannten Dritten Welt) allen Grund haben, skeptisch zu sein gegen die Einmischung westlicher Regierungen (und besonders von ihren ehemaligen Kolonialherren), zeigt unter anderem deren unterschiedliche Behandlung von „Menschenrechten“ in Nicaragua und El Salvador. (...)

Isabelle Adjani unterstellt den arabischen Regierungen, daß ihre fortschrittlichen Positionen zu den Palästinensern nur zur Ablenkung von den inneren Mißständen dienen. Das stimmt wohl in vielen Ländern, Algerien ist für diesen Vorwurf aber die schlechteste Adresse als die Regierung, die sich durch prizipientreue Positionen und Außenpolitik großen Respekt unter den blockfreien Nationen und in internationalen Gremien verschafft hat.

(...) Für den Führer der unabhängigen Menschenrechtsliga Algeriens ist „das grundlegende Problem das des Mehrparteiensystems“, und etwas später sagt er: „Tunesier und Marokaner hören mehr aufeinander, dort gibt es mehrere Parteien, unterschiedliche Richtungen.“ Daß es in beiden Ländern in den letzten Jahren Hungerrevolten gegeben hat, zeigt, daß die Mehrparteienfrage nicht alle Probleme löst, und sehr bedenklich wird Herr Yahias Verweis auf Marokko: Dort sind die politischen Parteien nix als machtlose Marionetten für König Hassan, die Gefängnisse sind sicher voller mit politischen Gefangenen als in Algerien und einen blutigen Eroberungskrieg führt Marokko zudem.

Achim Heier, Bremen