Hafen blockiert KSZE

■ Athen verlangt vom türkischen Nato-Partner auch Abrüstung in dessen Hafen Mersin / Programmgemäßer KSZE-Abschluß durch Veto Griechenlands gefährdet

Wien/Berlin (afp/dpa/taz) - An dem türkischen Mittelmeerhafen Mersin droht der rechtzeitige Abschluß des Wiener KSZE-Folgetreffens und damit die pünktliche Aufnahme der Verhandlungen über konventionelle Rüstung in Europa doch noch zu scheitern. Griechenland hatte am Dienstag abend seine Zustimmung zu dem Entwurf der Schlußerklärung verweigert, weil Mersin - der Nachschubhafen für die türkischen Besatzungstruppen in Nordzypern - von künftigen Verhandlungen über die Reduzierung klassischer Streitkräfte in Europa ausgeklammert werden sollte. Dadurch würde, so die griechische Delegation, das griechisch-türkische Kräfteverhältnis zum Nachteil Athens verändert.

Notwendiger Bestandteil des Schlußdokuments ist ein Mandat aller 35 KSZE-Teilnehmer für ein neues Forum zur „konventionellen Abrüstung vom Atlantik zum Ural“. Der Gebietsstreifen zwischen der Südtürkei, Syrien, Irak und dem Iran war das letzte Hindernis zur Annahme der von den Blockfreien vorgeschlagenen Schlußerklärung und damit zum faktischen Abschluß des Folgetreffens, nachdem die USA und Großbritannien letzte Woche einer KSZE -Menschenrechtskonferenz in Moskau zugestimmt hatten. Als die UdSSR und die Türkei sich schließlich salomonisch darauf geeinigt hatten, das umstrittene Gebiet, zu dem auch der Hafen Mersin gehört, einfach aus zukünftigen Abrüstungsverhandlungen zwischen Nato und Warschauer Pakt auszuklammern, packten die ersten Diplomaten bereits zuversichtlich ihre Koffer. Zu früh.

Nach dem überraschenden Veto Griechenlands legte die Nato gestern eine nicht weniger salomonische Kompromißformel vor, um zwischen Athen und Ankara zu vermitteln: Mersin solle im Text des Verhandlungsmandats keine Erwähnung finden. Diesmal war es jedoch die Türkei, die gestern ihre Zustimmung verweigerte.

Falls sich die beiden Nato-Mitglieder nicht einigen könnten, hatte US-Außenminister Shultz bereits am Dienstag gedroht, werde er nicht zur KSZE-Außenministerkonferenz vom 17. bis 19. Januar reisen, mit der das KSZE-Folgetreffen feierlich abgeschlossen werden sollte.

Ob es soweit kommt, hängt nicht zuletzt auch von Rumänien ab. Noch hüllt sich die Delegation Ceausescus in Schweigen, ob sie die Schlußerklärung trotz der von Rumänien abgelehnten Passagen zu Menschenrechtsfragen unterschreiben wird.

smo