: Polizeischutz behindert Lehrbetrieb
■ Instituts-Direktor kritisiert Polizeieinsatz in Berlin / Streik auch in Gießen und Erlangen
Berlin (taz) - Für den Direktor der seit Montag von der Polizei und den streikenden StudentInnen belagerten physiologischen Instituts der Freien Universität Berlin, Gaedtgens, ist „der Polizei-Einsatz gescheitert“ und „sollte möglichst bald abgebrochen werden“. Dies teilte als wörtliches Zitat Gaedtgens eine Gruppe von ProfessorInnen der Freien Universität mit, die gestern mittag zu einem Gespräch mit ihm in das Institut gegangen waren. An den Tagen zuvor war es ständig zu Übergriffen der Polizei mit vielen verletzten StudentInnen gekommen, die verhindern wollten, daß streikbrechende StudentInnen in das Institut gelangen konnten.
In krassem Gegensatz zu den bisherigen Äußerungen des FU -Präsidenten Heckelmann sagte der Direktor der Physiologie, daß trotz Polizeischutzes „kein geordneter Lehrbetrieb“ stattfinde. „Ein solcher Polizeieinsatz hätte nie stattfinden sollen“, zitieren die ProfessorInnen Gaedtgens weiter, die derzeitige Situation sei für ihn „absurd“.
Streik in Giessen
Frankfurt/Giessen (taz) - Aus Protest gegen die Knüppeleinsätze der Berliner Polizei gegen streikende StudentInnen ruft der Zentrale Fachschaftenrat der Frankfurter Goethe-Universität für Samstag zu einer Demonstration auf. Treffpunkt ist der Campus um 12 Uhr. Andere hessische Hochschulen sollen sich an den Aktionen beteiligen. Bereits am Dienstag hatten sich 600 StudentInnen nach einer Vollversammlung (VV) an einer Spontandemo beteiligt. „Weitere Maßnahmen, so der Beschluß der Frankfurter VV, sollen in den Fachbereichsvollversammlungen in den nächsten Tagen beschlossen werden“, berichtete ein Sprecher des Zentralen Fachschaftenrates.
An der Justus-Liebig-Universität in Giessen streiken die StudentInnen weiter. Die VV beschloß die Fortführung des Unterrichtsboykotts bis Mitte nächster Woche. Die streikenden StudentInnen am Fachbereich Biologie haben unterdessen das „Mehrzweck- Verfügungsgebäude der Naturwissenschaften“ besetzt. Den Streikenden soll „damit die Möglichkeit gegeben werden, ungehindert miteinander diskutieren zu können“. Die Besetzung des „Philosophikums“ wurde durch „Studierwillige, die in das Gebäude eindrangen, unterlaufen“, berichtete ein StudentInnen-Sprecher.
Streik in Erlangen
Nürnberg (taz) - Während die Gesamtvollversammlung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) am Montag den Mitte Dezember begonnenen Streik mit knapper Mehrheit für beendet erklärt hatte, wird an einzelnen Fakultäten der Streik fortgesetzt. Nach den Theaterwissenschaftlern, Soziologen und Politologen hat sich gestern die StudentInnenschaft der Philosophischen Fakultäten zum unbefristeten Streik entschlossen. Die anderen Fakultäten sprachen sich bislang für einen wöchentlichen Aktionstag aus, an dem der Vorlesungsbetrieb bestreikt und öffentliche Veranstaltungen durchgeführt werden sollen. Der erste findet am 18.Januar statt.
Die FAU war die einzige Universität in Bayern, die bestreikt worden war. Noch im Januar sollen die Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung der StudentInnen beendet sein. Dieses Gremium soll Fragen zur Wahl eines StudentInnenparlaments klären. Ziel ist, an der FAU den in Bayern abgeschafften AStA durchzusetzen und ihn mit einem politischen Mandat auszustatten. Mit Aushängen hat inzwischen Uni-Präsident Fiebiger die Studies gewarnt, Hausfriedensbruch und andere Gesetzesverstöße zu begehen. DozentInnen und ProfessorInnen wurden hingewiesen, daß Absprachen zum Ausfall oder zur Verlegung von Vorlesungen unzulässig seien.
bs/mb/ccm/
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen