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Mehr Dachgeschosse

■ Jahrespressekonferenz des Bausenats: „Äußerst maßvolle“ Mietsteigerungen / Mehr Privatwohnungen werden gefördert und weniger Sozialwohnungen bewilligt

Die Wohnsituation ist angespannt, aber mit der Aufhebung der Mietpreisbindung habe das nichts zu tun. Dieses Fazit zog Bausenator Wittwer auf seiner gestrigen Jahrespressekonferenz. Nur die Hälfte aller Wohnungen hätte

-meist „äußerst maßvolle“ - Mieterhöhungen bekommen.

Wenn von BerlinerInnen gesagt würde, man müsse „Pole sein, um eine Wohnung zu bekommen“, sei das falsch, betonte Wittwer. Nur 20 bis 30 Prozent der freiwerdenden Wohnungen städtischer Unternehmen seien an Aussiedler vermietet worden. Zumindest zur Lage der StudentInnen konnte Wittwer eine frohe Botschaft verkünden: Das StudentInnenheim Schlachtensee wird nun doch nicht abgerissen.

Der Soziale Wohnungsbau wird wie erwartet teurer. Deshalb seien auch nur 80 Prozent der geplanten Sozialwohnungen bewilligt worden, nämlich 1.620 Wohnungen. Insgesamt 3.640 Eigenheime und Wohnungen des sogenannten 3.Förderweges mit ihren sehr viel teureren Mieten wurden bewilligt. In den letzten vier Jahren seien 25.000 Wohnungen gebaut worden, davon 5.000 ohne öffentliche Gelder, sagte Wittwer.

Für „nicht realistisch“ hält Wittwer, im nächsten Jahr 9.500 Wohnungen zu bewilligen. Diese Zahl wäre nötig, um das vom Regierenden Bürgermeister anvisierte Planziel von 30.000 Wohnungen in der nächsten Legislaturperiode zu erreichen. Ein großes Potential von 34.000 Wohnungen gebe es allerdings in Dachgeschossen. Dem stünden hauptsächlich die „Profilneurosen einzelner Stadträte“ im Wege. Der Schöneberger Baustadtrat Saager (SPD) -damit offenbar gemeint- erklärte, er halte es für unseriös, Dachgeschosse ohne Rechtsgrundlage auszubauen und sich nicht um Stellplätze, Grünflächen und KiTa-Plätze zu kümmern.

Wittwer bestätigte, daß es Überlegungen gibt, die Miete im Sozialen Wohnungsbau zu „differenzieren“, sie also in Stadtrandlagen zu erhöhen, wo auch die Kosten höher seien. Im übrigen denke man darüber nach, die Wohnungsbauförderung langfristig von der jetzigen Zinsfinanzierung, bei der ein Großteil des Geldes an die Banken geht, auf Baudarlehen umzustellen. Das sei zwar kurzfristig teurer, ziehe aber nicht so lange Zahlungsverpflichtungen des Landes Berlin nach sich.

Der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Vetter, erklärte dazu, der Senat fördere mit öffentlichen Geldern zu zwei Dritteln Yuppie- und Luxuswohnungen. Für die SPD ist die Wittwer-Bilanz eine „freche Verhohnepipelung“ der Mieter; sie forderte einen sofortigen Mietenstopp sowie ein eigenes Berliner Landesmietengesetz. Die AL kritisierte, daß in Relation zur Bevölkerungszunahme von 1985 bis 1987 über 10.000 Wohnungen zu wenig gebaut wurden.

esch

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