DER FREISCHÜTZ AUF DEM GLATTEIS...

■ ...und rutschte aus, in der Parodie des Dahlemer Hoftheaters

Während der Ouvertüre quietscht es, die Heizungsmaschine brummelt ununterbrochen, der Wind bläst ordentlich in das Zelt, das schafft Atmosphäre. Das Theaterzelt befindet sich nicht, wie angekündigt, in dem Innenhof des Berlin Museum, sondern ein paar Meter weiter auf dem Springer-Parkplatz. Damit war, aus feuerpolizeilichen Gründen, der direkte Bezug der Unternehmung „Samiel oder die Wunderpille“, eine Parodie auf den Freischütz von Werner Zeilbeck, zum Berlin-Museum futsch.

Außerdem hätte man dem Museumspädagogischen Dienst einen treffsicheren Blick gewünscht (vielleicht lassen sich demnächst irgendwo Freikugeln auftreiben, sechse treffen bekanntlich, nur die siebente...), eine Truppe oder eine Produktion aufzutreiben, die der neuen Sicht (Schauplatz Museum 1989) ihrer Arbeit zuträglich sind. Bevor es dann endlich losging, wurde von verschiedener Seite (auch von museumspädagogischer) versichert, daß niemand die ganze Aufführung bis dato gesehen hätte. Die Premiere war gleichzeitig die Generalprobe - wegen der Schwierigkeiten mit dem Zelt.

Worin besteht nun die Parodie, die Travestierung einer Oper, die in vielen Passagen ohnehin unfreiwillig komisch genug ist? Anders: Diese Oper bräuchte keine Parodie - oder eine witzige, spritzige und dreiste! Es ist halt an sich nicht besonders komisch, die Handlung ins Apothekermilieu zu verlegen, das ganze mit ein paar - zudem wenig zündenden Gags zu versehen und zwischendurch Gummibärchen ins Spiel zu bringen. So ist es beispielsweise nicht besonders geistreich (und das schlimmste ist, man glaubt es gerade damit zu sein), die Apothekerin, Frau 'Salbe‘ zu nennen. Von dem billigen Kalauerkaliber sind die restlichen Bearbeitungen des Textes.

Es benötigt die Gummibärchen nicht, oder benötigte sie eben nur dann, wenn anhand der bunten Gesellen eine Legitimation geschaffen worden wäre, eine brillante, komische Show - mit Kürzungen verteht sich und Eingriffen in die Partitur! Die Vorstellung dauerte so endlose dreieinhalb Stunden - zu entfesseln.

Zudem und leider gleitet die Aufführung niemals ins unfreiwillig Komische ab. Allenfalls die dicke Agathe, sozusagen als körpergewaltige, große Schwester Brünhildes, lockt einige wenige Lacher hervor; aber eine dicke Sopranistin ist halt fast immer komisch.

Stammtischbierseligkeit (apropos: die Feten des ersten und letzten Bildes stattete - deutlich sichtbar - eine große Brauerei samt Kellner aus, auch dieses eine Form des vieldiskutierten Kultursponsoring. Immerhin das funktionierte, das flüssige Gold floß in Strömen, auf der Bühne und im Zelt) also, jene Stammtischästhetik trifft sich hier mit dem Wunsch, auch einmal Theater, Oper machen zu dürfen. Wie Werner Zeilbeck, der alles beherrschende (beziehungsweise nicht beherrschende) Gesamtleiter (Bearbeitung, Regie, musikalische Leitung) sich qualifizierte, dies öffentlich zu tun, mit öffentlichen Geldern (von einem 50.000-Mark-Etat ist die Rede) ist schleierhaft.

Anno Mungen

Weitere Aufführungen heute und Sonntag, jeweils 19.30 Uhr im Theaterzelt auf dem Springer-Parkplatz.