Schulen streiken weiter

■ In Neukölln und Tempelhof sind Schulen dicht / Ab Montag streiken die Gymnasien wieder / Gespräch mit Stadtrat Engelmann blieb fruchtlos

An den Berliner Schulen ist noch lange keine Ruhe eingekehrt. Einige Schulen streiken wieder, so die Hermann -Hesse-Schule in Kreuzberg und die Walter-Gropius -Gesamtschule in Neukölln. Sämtliche Tempelhofer Gymnasien haben erklärt, daß sie ab Montag wieder streiken wollen, andere bereiten Vollversammlungen vor, um über den Streik zu entscheiden. Sie fordern immer noch mehr Mitbestimmung, geringere Klassenfrequenzen, mehr Lehrer, Rücknahme der Stundentafelkürzungen, - und daß man sie ernst nimmt. „Ein Ziel habt ihr jedenfalls doch schon erreicht“, sagte der Kreuzberger Volksbildungsstadtrat Engelmann begütigend, „nämlich ihr habt Aufmerksamkeit erregt.“ Engelmann und der Leitende Schulrat Nitschke haben sich gestern mit rund 30 Schülervertretern von der Hermann-Hesse- und der Robert-Koch -Schule im Bezirksamt Kreuzberg getroffen. Dieses Treffen haben rund 100 Schüler dem Stadtrat abgerungen, nachdem sie sich in einem Nebengebäude der Hermann-Hesse-Schule eingeschlossen hatten. Engelmann, Nitschke und der Kreuzberger Bürgermeister Krüger hatten die Schüler zum Aufgeben bewogen unter dem Versprechen, ein Gespräch mit ihnen zu führen.

Krüger fehlte, doch die Schüler ließen sich die Chance nicht entgehen. Sie forderten die Rücknahme der Filmzensur (Senatorin Laurien hatte die Verwendung von knapp 30 sozial und zeitkritischen Filmen als Unterrichtsmaterial verboten) und eine Verringerung der Klassenfrequenzen. Engelmann, dankbar für das Stichwort, ließ sich ausführlich über die Klassenfrequenzen aus. Die Schüler forderten mehr Mitbestimmung: „Mir als Schüler sagt doch keiner, was ich überhaupt für Rechte habe.“ „Frau Laurien schreibt uns, wir könnten mitbestimmen. Das ist einfach lächerlich. Wenn wir ihr das schreiben, reagiert sie gar nicht!“ Engelmann: „Frau Laurien ist eigentlich bekannt dafür, daß sie schnell antwortet.“

Schulrat Nitschke belehrte die Schüler darüber, daß sie „'ne Menge Rechte“ hätten. Sie könnten ohne weiteres bei Schulproblemen „den Rechtsweg einschlagen und Anwälte konsultieren“. Freie Meinungsäußerungen seien „in der Schule in der Tat ein Problem“. Schließlich würden die Lehrinhalte vom Staat bestimmt, und ein Schüler habe keine Möglichkeit, sich zum Beispiel gegen eine Filmvorführung im Unterricht zu wehren. Eine Zusage rangen die Schüler dem Stadtrat allerdings ab: Es wird kein Zentralabitur in Berlin geben. Denn, so die Schüler: „Wir wollen das nicht!“

Fazit des Gesprächs war, daß sich Engelmann und Nitschke für die falschen Ansprechpartner hielten. „Warum führt ihr keine Gespräche mit euren Schuldirektoren“, schlug Engelmann vor. Reaktion der Schüler: „Da sitzen dann der Direx und der Vize dir gegenüber, und bei dem hast du vielleicht Mathe, und das kurz vor dem Abi, das geht nicht, da kriegst du Schwierigkeiten.“

gebo

Die nächste Gesamtschüler-VV findet am 15. Januar in der Rostlaube um 15 Uhr statt. Am 17. ist landesweiter Aktionstag. Um 11 Uhr Demo am Wittenbergplatz.