Schwingelingeling

■ A-Capella-Pop aus vier Jahrzehnten: Total Vokal sangen im Cafe Karo, das jetzt rätselhafterweise „Vortex“ heißt

Auch wer von Tuten und Blasen keine Ahnung hat, muß noch lange kein musikalischer Laie sein. Bester Beweis: die bremische A-Capella-Formation Total Vokal, die sich ausgerechnet den unglückverheißenden Freitag, den 13., ausgesucht hatte, um nach erfolgter Umbesetzung zum ersten Mal wieder vors Publikum zu treten. Um es vorwegzunehmen: Es ging alles glatt, kein Unglück, keine Katastrophe trübte die gesangliche Darbietung des Quintetts.

Die Rückbesinnung (oder sollte man sagen: die Beschränkung?) auf die Stimme als ureigenes menschliches Instrument hat ja Tradition, aber auch wer mit Namen wie Comedian Harmonists nichts anfangen kann, sollte sich einmal das vergnügliche Erlebnis gönnen, wie spritzig Musik auch ohne E-Gitarre oder Saxophon klingen kann. Total Vokal präsentierten sich jedenfalls nie in altbackener Manier, sondern erwiesen sich - nicht zuletzt durch ihre Präsentation - als äußerst witzige und charmante Truppe.

In einheitliches Weiß gekleidet, die drei Herren zusätzlich mit bunten Krawatten und Hosenträgern, betraten die fünf die Bühne, um mit Breaking up is hard to do ihren Streifzug durch vier Jahrzehnte der Rock-und Pop-Musik zu beginnen. Titel von den Beatles, den Rascals, Bob Dylan, Bruce Springsteen oder Crosby, Stills, Nash & Young wechselten sich mit Eigenkompositionen ab, alles mit feinem Gespür für den richtigen Swing arrangiert.

Überhaupt sind es weniger die Songs an sich, als eben die Bearbeitungen des Materials, die den eigentlichen Reiz von Total Vokal ausmachen. Da wird zum Beispiel dem Klassiker With a little Help from my Friends das simple Vier-Viertel-Schema entrissen und ihm mittels Synkopierungen und leichten rhythmischen Verschiebungen ein neues Gewand verpaßt, aus dem der „Schwing“ nur so hervorlugt. Immer schnippt hier ein Finger, dort wippt ein Knie, und das überträgt sich natürlich ins Publikum.

In den Soloparts wirkten die männlichen Protagonisten etwas stärker und intensiver, insbesondere Tenor Jürgen Schöffel, der mit seiner Stimme traumwandlerisch sicher in die Höhenlagen kam. Am erstaunlichsten aber war die Lockerheit, mit der die beiden neuen Mitglieder auftraten, die, wenn sie überhaupt Lampenfieber hatten, dies mit viel Ironie und Witz gekonnt übersangen. Eine Augenweide, wie zum Beispiel Günther Merlau seinen Baß mit wulstig geformten Lippen und gelangweiltem Augenrollen über die Rampe brachte, dabei ab und zu einen imaginären E-oder auch Kontrabaß zupfend.

Gerade diese optischen Kleinigkeiten sind es, die - ohne je zur Effekthascherei zu verkommen - den akustischen Eindruck abrunden, ihn mit jenem Augenzwinkern versehen, das signalisiert: Wir nehmen uns selbst nicht so ganz ernst. Aber auch das will ja erstmal perfekt gebracht sein.

JüS