Belgien stoppt Gelder für ehemalige Kronkolonie Zaire

■ Reaktion auf die Kündigung des Freundschaftsvertrages durch die zairische Einheitspartei / Höhepunkt eines seit Oktober schwelenden Konflikts / Anflugrechte der „Sabena“ eingeschränkt

Kinshasa/Brüssel (afp/ips/taz) - Belgien will dem zentralafrikanischen Staat Zaire künftig keine Entwicklungshilfe mehr gewähren. Mit diesem Beschluß reagierte die Regierung in Brüssel auf die einseitige Kündigung des seit 1960 bestehenden Freundschaftsvertrages durch die zairische Einheitspartei „Volksbewegung der Revolution“ (MBR) vom vergangenen Freitag. Zugleich wurde das Anflugrecht der belgischen Fluggesellschaft „Sabena“ auf Kinshasa von der zairischen Regierung von vier auf zwei Mal pro Woche reduziert. Unklar blieb allerdings, welche Flüge dies betrifft. Gegebenenfalls müßten „Sabena„-Flüge ohne Landegenehmigung nach Brazzaville ausweichen.

Bereits Ende 1988 hatte Präsident Sese Seko Mobutu zairische Geschäftsleute und Studenten aus Belgien zurückgerufen und seinen wohlhabenden Untertanen befohlen, ihre Gelder anderswo, in „einem befreundeten Land“, anzulegen.

Mobutu wirft der ehemaligen Kolonialmacht und jetzigen Hauptgläubigerin seines Landes - Zaire schuldet Belgien rund eine Milliarde Dollar - „Neokolonialismus und Rassismus“ vor. Der 1960, im Jahr der Unabhängigkeit Zaires, geschlossene „Vertrag über Freundschaft, Unterstützung und technische Zusammenarbeit“ sei von Brüssel ständig gebrochen worden. Ebenfalls einseitig aufgekündigt wurde ein Abkommen über „die besonderen Formen der Zusammenarbeit beider Länder“ aus dem Jahr 1976. Das Zentralkomitee der „Volksbewegung der Revolution“ kritisierte die belgische Entwicklungspolitik: „An jedem belgischen Franc, der in Zaire investiert wird, verdient Belgien das Vierfache.“

Der Konflikt zwischen Belgien und Zaire schwelt bereits seit dem vergangenen Oktober. Mobutu hatte damals ein belgisches Umschuldungsangebot abgelehnt. Das Angebot sah einen Nachlaß von 27 Millionen Dollar und eine Verlängerung der Rückzahlungsfrist auf 25 Jahre vor. Zugleich wollte die belgische Regierung bei künftigen Krediten eine Garantie dafür haben, daß das Geld nicht weiterhin in den Taschen des Mobutu-Clans lande. Begleitet war dieses Angebot von Berichten der belgischen Medien über korrupte Amtsführung, Mißwirtschaft und Personenkult des zairischen Staatspräsidenten, der sich 1965 an die Staatsspitze putschte.

Belgiens christdemokratischer Ministerpräsident Wilfried Martens, der Mobutu im vergangenen Oktober in Kinshasa besuchte hatte, kritisierte nach seiner Rückkehr in Brüssel, daß die inzwischen nachgerückten jüngeren Kader der zairischen „Volksbewegung der Revolution“ einen zu ausschließlich nationalistischen Kurs fahren. Belgiens Außenminister Tindemans warf der zairischen Administration auch noch „mangelnde Sensibilität für die postkolonialen Beziehungen“ vor.

In der belgischen Öffentlichkeit und bei Martens liberalem Koalitionspartner sorgten diese Äußerungen für heftige Kritik. Inzwischen versuchte die belgische Regierung die Wogen zu glätten. Unter anderem verhinderte der Verwaltungsrat des französischsprachigen Staatsfernsehens RTBF die Ausstrahlung eines Dokumentarfilms der US -Fernsehgesellschaft CBS über die Reichtümer Mobutus. Die Öffentlichkeit des Landes erfuhr es trotzdem, denn das niederländische Fernsehen NOS mit seiner großen Reichweite strahlte den CBS-Film aus.

dora/Henk