Oberste Schweizer Polizeibehörde sah Drogenhändlern tatenlos zu

Genf (taz) - Die oberste eidgenössische Polizeibehörde und die ihr übergeordnete Berner Bundesanwaltschaft ließen rund zehn Jahre lang internationale Waffen- und Drogenhändlerringe ungestört aus der Schweiz operieren.

Nach einem am Sonntag bekanntgewordenen Geheimbericht des Zentralpolizeibüros ist die im November '88 aufgeflogene größte Schweizer Geldwäscher-Affäre um die Zürcher Firma Shakarachi und die libanesischen Brüder Magharian in einem weit größeren Ausmaß mit dem illegalen Drogen- und Waffenhandel verknüpft als bisher vermutet wurde. Der Bericht trägt den Vermerk, daß er ohne ausdrückliche Genehmigung bei Gericht nicht verwendet werden darf.

Aus ihm geht hervor, daß die italienische Polizei im August 1985 in Mailand zehn Kilo Heroin nebst Unterlagen beschlagnahmte, die zu Shakarachi und Magharian führten. Im Sommer observierte die US-Drogenpolizei den Transport von aus Kokaingeschäften stammenden Geldern von Los Angeles nach Zürich. Adressat waren die Brüder Magharian. Am Geldtransfer war auch ein Libanese beteiligt, der im Verwaltungrat der Bieler Uhrenfabrik Ovaras saß. Von dieser wußten sowohl die Bundesanwaltschaft wie die Zürcher Polizei seit Anfang der 80er Jahre, daß sie sich - so der Bericht - im „Zentrum eines internationalen Drogenhändlerringes“ befinde.

Der Polizeibericht bringt die Affäre auch in Zusammenhang mit dem 1982 in Italien verhafteten Henry Arsan, dem illegale Waffenverkäufe in Höhe von mehr als 300 Millionen US-Dollar von Europa in den Nahen Osten und nach Iran nachgewiesen wurden. Geheime Ermittlungsakten gelangten immer wieder in die Hände von Verdächtigen und Observierten.

Das Bekanntwerden des Berichtes dürfte den Druck auf Bundesanwalt Rudolf Gerber verstärken, dem in der Vergangenheit bereits wiederholt Verfahrensverschleppung und damit Vertuschung von Waffen-und Drogengeschäften vorgeworfen worden war.