Sozialhilfe vereinfacht

■ Kinder und Eltern sollen nicht mehr zwangsweise „zum Unterhalt herangezogen“ werden können / Agab fordert gleiches für Geschiedene und Heranwachsende

Im Augenblick ist es noch so: Wenn eine dreißigjährige Bremerin arbeitslos wird und schließlich Sozialhilfe beantragen muß, dann werden nicht nur ihre Finanzverhältnisse überprüft, sondern auch möglichst ihre Eltern - die vielleicht schon RentnerInnen sind - „zum Unterhalt herangezogen“. Und wenn umgekehrt alten Menschen mit kärglichen Renten nur noch der Gang zum Sozialamt bleibt, wird ihnen zugemutet, erst einmal Geld bei ihren Kindern auf-und nötigenfalls auch vor Gericht einzutreiben, bevor der Rest des ohnehin winzigen, als Lebensminimum erachteten Betrags vom Amt zugeschossen wird.

Das will die Deputation für Soziales jetzt ändern. Zwei Personengruppen soll es danach künftig erspart bleiben, daß ihre nächsten Angehörigen für sie zur Kasse gebeten werden, bevor der Sozialhilfe-Antrag bewilligt wird. Erstens sollen für ihre erwachsenen Kinder Eltern nicht mehr den letzten Pfennig hergeben müssen. Zweitens bekommen alte Menschen, die noch ambulant versorgt werden können, bei Bedarf Sozialhilfe, ohne daß ihre Kinder alle Kosten tragen müssen. So sieht es eine Vorlage der Sozialdeputation vor, die vermutlich in der nächsten Sitzung am 19. Januar beschlossen wird.

„Wir begrüßen das außerordentlich, aber es ist uns zu wenig“, kommentierte gestern ge

genüber der taz Rainer Sobota von der 'Arbeitsgemeinschaft arbeitsloser Bürger‘ (Agab). Armut durch Arbeitslosigkeit sei schließlich kein privates Versagen, sondern „ein gesellschaftlicher Skandal“. Und Erwerbstätige zahlen bereits in Arbeitslosen-, Kranken-und Rentenversicherung ein und gehörten nicht auch noch privat zur Kasse gebeten. Auch Geschiedene und getrennt Lebende, so die Agab,

müßten sich von ihren Expartnern abkoppeln können, anstatt sie notfalls auf Unterhalt verklagen zu müssen. Und wenn junge Heranwachsende „in schwierigen familiären Verhältnissen“ ihrem deprimierenden Elternhaus durch Auszug und Selbständigmachen entkommen wollten, bräuchten auch sie ein eigenes Recht auf Sozialhilfe.

Aus den beiden weitergehenden Agab-Forderungen wird

möglicherweise nichts werden. Auf 300.000 Mark schätzt die Behörde den finanziellen Ausfall allein für die Pläne der Sozialdeputation. „Damit sparen wir allerdings einen ungeheuren Verwaltungsaufwand“, erklärte Sozial-Referentin Gertrud Janzer-Bertzbach gegenüber der taz, „deshalb braucht man nicht ganz pessimistisch zu sein, wenn schließlich der Senat das Ganze entscheidet.“ Susanne Paa