Bonner Kinderkram

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(Eine Bonner Affaire, 16.1., 19 Uhr 30, ZDF) Wenn man gegen große Mißstände nicht angehen will, dann wirft man der Masse einen pseudokritischen Politfilm vor, der nicht in den höchsten Rängen spielt, sondern nur auf der Galerie. Dem Kampf der Elemente fällt ein harmloser Beamter der Regierungspartei (Helmut Zierl als Brest-Lombardi) zum Opfer, dessen Karriere noch nicht einmal richtig begonnen hat. Der Intrige verdächtig sind alle, verantwortlich demnach keiner. Glatter und diplomatischer kann man einen Spionagefilm, der am Ende gar keiner ist, nicht unter die Leute bringen. Natürlich, die Mühlen der Politik werden anklagend vorgeführt, doch eine Enthüllung ist das nicht: Auch vorher wußte man schon, daß schnellstens abgesägt wird, wer sich nur irgendwie verdächtig zeigt.

Die Halbherzigkeit ist selbst den Machern des Filmes nicht verborgen geblieben, und so haben sie flugs noch eine Liebesgeschichte eingeflochten, die das inhaltliche Manko wettmachen soll. Sie tut es nicht. Die Bonner Affaire wird zur Bonner Fassade, denn nicht die Ursprünge des Intrigenspiels werden verfolgt, sondern die Konsequenzen. So sieht man Brest-Lombardi sich im traulichen Gespräch mit Kiosk- und Reporterfreund, seiner letzten Vasallen versichern, man erhält Einblick in sein Liebesleid, und als er erst von polizeilicher Seite über die Gefahren seines Berufs als Politiker aufgeklärt werden muß, da ist man dann endgültig überzeugt: Dieser Mensch ist zu gut für jene Welt.

Das mag ja alles ganz nett sein, aber was ist mit dem Parteinetz, welches sich hinter dem Unglücklichen nahtlos wieder geschlossen hat? Was ist mit den Drahtziehern? Dies vermag das Kameraobjektiv nicht zu durchdringen, und so verging der Fernsehvorabend mit einem Geplänkel, das sich zur systemkritischen Informationsveranstaltung aufplusterte. Aber wer wäre denn so dumm, sich von einem ZDF-Team in die Karten schauen zu lassen?

Petra Kohse