Knastbosse-betr.: "Juristen klagen Knastleitung an", taz vom 13.1.89

betr.: „Juristen klagen Knastleitung an“, taz vom 13.1.89

Wen wundert es, daß die Knastbosse sich auch nicht an rechtskräftige Gerichtsbeschlüsse halten. Uns Gefangene wundert dies schon lange nicht mehr. In den fünfeinhalb Jahren, in denen ich nun das besondere „Vernügen“ habe, in hessischen Vollzugsanstalten einzusitzen, ist mir bewußt geworden, daß das Recht nur gegen uns angewandt wird. Wenn die Strafvollstreckungskammer tatsächlich einmal einen allzu offensichtlichen, ermessensfehlerhaften Bescheid der Anstalt aufhebt, dann hilft nur beten. Stets kann man davon ausgehen, daß der Chef des Gitterpalastes erst einmal bei seinem Herrn in Wiesbaden anfragt, ob er auch tun darf, was ein ordentliches Gericht beschlossen hat.

Wir haben keine Rechte, sollen aber lernen, die Rechte anderer zu respektieren. Bekommen wir aber doch einmal Recht, dann rächt sich die Anstaltsleitung, indem sie sich eben renitent verhält. Anstatt Zwangsgelder sähe ich es lieber, wenn die Verantwortlichen zum Beispiel mit Arrest (im Bunker) bestraft würden, wenn sie gerichtliche Beschlüsse nicht akzeptieren. Oder Freizeitsperren kämen auch ganz gut. (...)

P., Kassel