GAL zerreißt Thea Bocks Schuldschein

Hamburger Grün-Alternative für Verzicht auf Thea Bocks Schulden / Künftiger Kurs bleibt programmatisch umstritten: „Saturierte Mittelstandspartei“ oder „sozialrevolutionärer“ Charakter?  ■  Aus Hamburg Axel Kintzinger

Obwohl sich die GAL-Basis auf ihrer Mitgliederversamlung (MV) am Wochenende nach einer knapp ausgegangenen Kampfabstimmung für den Verzicht auf den Schuldentitel ihrer ehemaligen Abgeordneten Thea Bock entschieden hatte, war am Samstag die Hamburger CDU das Hauptthema. Bei deren Europa -Parteitag hatte es handgreifliche Auseinandersetzungen gegeben, ein Delegierter wurde mit Gewalt vom Rednerpult entfernt.

Für Aufregung war aber auch bei den zeitweise 200 GAL -Versammelten gesorgt. Immerhin hatten fünf Mitglieder des Landesvorstandes und eine stattliche Anzahl weiterer bekannter Grüner einen Antrag gestellt, wonach auf das Schuldanerkenntnis von Thea Bock verzichtet werden sollte. Wie berichtet, verlangte die GAL knapp 55.000 Mark von der populären Umweltpolitikerin, da Thea Bock ihre Diäten über einen längeren Zeitraum nicht an die Parteikasse abgeführt hatte. Mit 78 zu 66 Stimmen wurde am Samstag ein Beschluß der vorherigen MV von Mitte Dezember gekippt, bei der unter etwa 500 Anwesenden eine Dreiviertel-Mehrheit für das Eintreiben des ausstehenden Geldes - „sobald es Thea Bock finanziell möglich ist“ - gestimmt hatte.

Den jetzt verabschiedeten Antrag hatten auch zahlreiche, dem fundamentalistischen GAL-Flügel zuzurechnende Grüne unterzeichnet. Sie befürchteten, daß ein Beharren auf dem Schuldentitel für die in Minderheit befindliche Realo -Strömung zum Anlaß genommen werden könnte, die Partei zu verlassen und eine neue grüne Liste zu gründen.

Spaltungsgerüchte dominierten auch das Vorfeld und den Verlauf der jetzigen MV. Während PolitikerInnen wie die Abgeordnete Conny Jürgens vehement für eine Öffnung zu Umweltinitiativen, Verbraucherverbänden und Gewerkschaften plädierte, wehrten sich fundamentalistische GALierInnen wie der Bundestagsabgeordnete Thomas Ebermann gegen ein Aufgeben des Bündnisses mit autonomen Gruppen. Die Debatte drehte sich um Profil und inhaltliche Schwerpunktsetzung der Hamburger Grünen: Während einige die Entwicklung der GAL zu einer „saturierten Mittelstandspartei“ befürchteten, kritisierten andere den „sozialrevolutionären“ Charakter, den die GAL derzeit habe.

VertreterInnen beider Strömungen unterstrichen, niemanden ausgrenzen zu wollen. Während etwa der fundamentalistische Landesvorständler Frank Frind davor warnte, eine eher bürgerliche Anti-Asbest-Initiative als Klientel gegen die BewohnerInnen der Hafenstraße auszuspielen, forderte die realpolitisch orientierte Conny Jürgens, die GAL solle sich besonders in der Auseinandersetzung mit Autonomen „in der Gewaltdebatte profilieren“. Beschlüsse über den künftigen Kurs und die Bündnispolitik der GAL wurden nicht gefaßt. Eine Mehrheitsmeinung in der Parteibasis wird sich spätestens Mitte Februar abzeichnen - dann nämlich wird ein neuer Landesvorstand gewählt.