Gekröntes Schwein

■ Happening der Revolutionärserben in Paris

Paris (taz) - Die Erben Saint-Justs und Robespierres feierten am Samstag im Zentrum von Paris: Vor genau 196 Jahren landete Ludwig XVI. unter der Guillotine. Bei dem revolutionären Happening am Abend wurde ein kokardengeschmückter Kalbskopf zum Place de la Concorde getragen. Hier hatte einst die „Sichel der Gleichheit“ Frankreich mit glattem Schnitt von der Last seiner Kapetinger-Dynastie befreit. Das Motto der Aktion: „Ein König ist immer nur ein gekröntes Schwein.“ Der Schriftsteller Jean Edern Hallier würdigte Saint-Just, der 1792 vor dem Konvent den Kopf des Königs gefordert hatte, als „die größte Persönlichkeit der Revolution“. Der

kommunistische Dichter Jean Ristat fluchte auf die „weichlichen, elenden Zweihundertjahrfeiern, bei denen nichts passiert“, und lud die anwesenden Sansculotten zum Freudenschmaus - mit Kalbskopfgrütze und rotem Wein.

Der surrealistische Schriftsteller Georges Bataille hatte schon in den dreißiger Jahren zur rituellen Wiederholung des Königsopfers aufgerufen, um so das Band der Nation jährlich neu zu stiften: An jedem 21.Januar sollte eine der „zweihundert großen Finanziersfamilien“ des Landes öffentlich zerteilt werden. Doch auch 1939 war es bei einem Schweinskopf geblieben.

smo