NRW-Grüne reden vom Neuanfang

Landesdelegiertenkonferenz der NRW-Grünen / Zähe Vorstandswahlen / Ludger Vollmer spricht von „schwierigster Situation seit der Gründung“ / Mitgliederverlust im vergangenen Jahr  ■  Aus Mülheim Walter Jakobs

Die nordrhein-westfälischen Grünen haben sich auf ihrer Landesdelegiertenkonferenz am Sonntag in Mülheim schwergetan, den neuzuwählenden Vorstand mit bekannten, politisch attraktiven KandidatInnen zu besetzen. Obgleich der Wahlgang bei Redaktionsausschluß noch nicht abgeschlossen war, zeichnete sich aufgrund der, wie der Ex -Landesgeschaftsführer Arnd Grewer es sagte, „nahezu skandalöse Kandidatenlage“ ab, daß der von vielen geforderte „Neuanfang“ ein weiteres Mal im Landesvorstand nicht stattfinden würde. Zur ersten Sprecherin wählte der Parteitag die Bochumerin Beate Scheffler, die als gemäßigte Reala bekannt ist.

In der politischen Debatte hatte der Bundestagsabgeordnete Ludger Vollmer am Sonntag morgen von der „schwierigsten Situation“ gesprochen, in der die Partei „je war“. Es reiche nicht mehr, so der sich selbst zu den Linken zählende Vollmer, „daß wir unsere grüne Phraseologie verballern“, sondern es komme jetzt darauf an, „Lösungen für die Probleme anzubieten“. Der Landesvorstand sei „systematisch entpolitisiert“ worden, und dieser Vorgang müsse bei der Neuwahl rückgängig gemacht werden. Einen bekannten, öffentlich profilierten Kandidaten boten die Linken dann allerdings auch nicht auf. Ein erneutes Scheitern bei der Landtagswahl würde nach den Worten von Arnd Grewer bedeuten, „daß wir die Landespolitik mehr oder weniger vergessen können“. Kaum ein Redner, der nicht von der besonderen Wichtigkeit des neuen Vorstands für die kommenden vier Wahlschlachten, insbesondere die Landtagswahl, gesprochen hätte - allerdings ohne sichtbaren Erfolg bei den Delegierten. Obgleich zuvor die Forderung nach enger Zusammenarbeit mit der Bundestagsfraktion heftig beklatscht worden war, wurde ein entsprechender Antrag, die Kooperation zu instutionalisieren, wenig später abgelehnt. Die für ihre berüchtigten Kapriolen bekannte grüne NRW-Delegiertenbasis agierte wie gewohnt. Dabei hatte das ehemalige Bundesvorstandsmitglied Norbert Kostedde den Hauptkonflikt in der Partei zuvor für erledigt erklärt. Der „Realo-Fundi -Streit“ sei in NRW „ohne Bedeutung“, weil die SPD, sollte sie die Mehrheit verlieren, eh mit der FDP koalieren werde. Die Vorstandswahlen machten deutlich, daß dem mitnichten so ist.

Im vergangenen Jahr verloren die Grünen in NRW etwa 5 % ihrer Mitglieder. Nach einem Nettoverlust von 500 Beitragszahlern verfügt die Partei zwischen Weser und Rhein nun noch über 8.700 Mitglieder.

Nahezu einstimmig verabschiedeten die Grünen eine Solidaritätserklärung für Ingrid Strobl. Die Partei beschloß, eine Prozeßbeobachterin zu entsenden.