Ein Krokodil im Ostertor

■ Das Piccolo-Theater für Kinder hat jetzt ein neues Zuhause im Kubo / Eröffnungsfest mit Raubtiernummer und Zauberkunststücken / Kinder bändigten Krokodil

Das fing ja gut an: mit Konfetti für alle von oben. Mitten im Herzen des Ostertors, im Stadteilzentrum „Kubo“ am Paulskloster, hat jetzt das Kindertheater „Piccolo“ sein neues Zuhause. Alle gefährlichen Raubtiere, Krokodile, schwarzen Zirkuspferde, Zauberer und SeiltänzerInnen müssen sich jetzt nicht mehr die enge Treppe zum Packhaustheater hinaufquälen, sondern können durch die breite Tür des früheren Kuhstalls ein

fach eintraben. Und wenn da mal - nur mal angenommen Pferdeäpfel oder Zauberstäbe zu Boden fallen würden, muß man im Kubo nicht um das feine Parkett des Orchesterbodens fürchten.

„Das“ Kindertheater Piccolo ist eigentlich fünf verschiedene Kindertheater - Clowns, GeschichtenerzählerInnen, PuppenspielerInnen, Zaubertheater

-, die sich vor vier Jahren zusammengetan haben und ab sofort im Kubo sogar zweimal pro Woche (mittwochs und sonntags nachmittags um 15 Uhr) große und kleine Herzen erfreuen. Außer den Pferdeäpfeln hatten die Piccolas noch mehr gute Gründe, ihre Adresse zu ändern: Im Kubo ist es viel billiger als im Packhaus, wo das Kindertheater 30 Prozent der Einnahmen abliefern mußte, und: „mit den Leuten hier ist alles unkomplizierter und einfacher“, fand Anneke Gerst von Piccolo, die am Sonntag zur großen Eröffnung in ihrem Bauchladen die Eintrittskarten verkaufte. Die kosten übrigens fünf Mark pro Nase, egal, wie groß oder klein die ist.

Eine richtige Bühne gibt es

jetzt im Kubo, mit Vorhang und ScheinwerferInnen. Und einen weißen Stoffwolkenhimmel für die bessere Akustik. Und weil das Ganze so schön ebenerdig zum Hineinspazieren ist, müssen sich RollstuhlfahrerInnen nicht mehr vor einem kaputten Lift ärgern und können die Kleinen mal eben zwischendurch raus, wenn sie wollen oder müssen.

Am Sonntag wollte gar niemand zwischendurch raus. Vor und mit quietschvergnügten Kleinen (und Großen) brachte es Eva Spilker eine gute Stunde lang fertig, die Rasselbande in Bann zu halten - ein Kunststück, denn erstens waren ganz überraschend die schnaubenden schwarzen Pferde verzaubert worden zu Würstchen, die Dompteurin für die Krokodilsnummer war nicht gekommen, und der schlechtgelaunte Zauberer hätte sich auch schon fast verdrückt, weil er zuerst keine Assistentin hatte. Ein Glück, daß die temperamentvolle Violetta gleich reihenweise Kinder fand, die „vor nichts und niemand Angst“ hatten und in die Kostüme schlüpften! Drei lange Sekunden hielt die kleine Eva ih

ren Kopf zwischen die riesigen Plüschzähne des grünen Krokodils. Und mit einer kleinen Federboa um den Hals („Weil das bei Vögelchen ja auch zum Fliegen hilft“) und mit Schirmchen ausgestattet balancierte „Hampelmuse“ aus dem Publikum zu Eva Spilkers Akkordeonmusik auf dem Seil, das von zwei „Kerlen mit Muskeln wie Drahtseilen“ so geschickt gehalten wurde, daß es so haarscharf wie unauffällig den Boden berührte. Großer Applaus. Und die kleine Katja, mit dem Sternenhut unverkennbar Zauberlehrling, machte nicht nur vier Knoten in ein Seil, sondern zauberte sie auch wieder heraus - da haben aber auch die anderen Kinder mitgeholfen, ihre Zauberfinger steil in die Luft gehalten und den „Regen und Wind - Knoten verschwind!“ - Spruch gesagt.

Nach dem Stück war noch lange nicht Schluß. Da gab es noch Limo und Saft und Plätzchen und Spiele - und heute kann man ja schon wieder hin.

Susanne Paa

Vorstellungen der Piccolo-Gruppen immer mittwochs und sonntags 15 Uhr im Kubo am Paulskloster