Ja, wenn wir hier einen Oskar Lafontaine hätten...

■ Harald Juhnke begründet, warum er zur Wahl Diepgens aufruft, aber eigentlich auf Lafontaine-Linie ist

Harald Juhnke, Schauspieler und Berliner Pflanze, wechselte in den vergangenen Tagen die Bühne und nahm ein Engagement im Berliner Wahlkampf an. Mit einer großen Anzeige in einschlägigen Tageszeitungen der Stadt ergreift Juhnke neben fünf anderen SchauspielerInnen Initative für Eberhard Diepgen. Die taz fragte nach.

taz: In der Anzeige steht, Sie wollen, daß Eberhard Diepgen nach dem 29. Januar weitermachen kann. An anderer Stelle sagten Sie einmal, Diepgen fänden Sie gut, aber deswegen müßten Sie nicht gleich für die ganze CDU sein. Wie haben wir das zu verstehen?

Juhnke: Ich habe mich immer für einen Mann stark gemacht. Nicht für eine Partei. Sehen Sie, damals habe ich mich für Helmut Schmidt eingesetzt. Das habe ich nicht für die SPD getan, sondern für eine starke Persönlichkeit. Bis zum Nato -Doppelbeschluß war ich für Helmut Schmidt. Was jetzt Berlin betrifft: Ich sehe zu Eberhard Diepgen keine Alternative. Wenn man realistisch bleibt.

Realistisch? Wie meinen Sie das?

Wenn Sie realistisch sind und fragen, wer hat in Berlin außer Diepgen von den Politikern eine Chance, Regierender zu werden, muß die Antwort lauten: Keiner! Das bedauere ich übrigens sehr.

Vermissen Sie also Politiker mit Profil?

Ja, natürlich. Es wäre wundervoll, wenn wir hier einen SPD -Politiker hätten, sagen wir mal, wie Oskar Lafontaine. Der führt so meine Linie, den würde ich auch unterstützen. Bald wird es ja auch einen Bundestagswahlkampf geben. Und ich kann nur hoffen, daß die SPD nicht Herrn Vogel aufstellt.

Und was sagen Sie zu Walter Momper?

Ich bin von meiner Karriere her immer für das Machbare gewesen. Es hat doch keinen Sinn, sich für eine verlorene Sache einzusetzen. Es würde mich sehr wundern, wenn Herr Momper dran käme.

Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Momper hat sich doch immer geweigert, mit der AL eine Liaison einzugehen.

Würden Sie das denn gerne sehen?

Na, ja. Ist doch ganz klar: Entweder oder. Alles andere ist für mich Wischiwaschi. Die Unterschiede zwischen SPD und AL sind doch nicht größer wie zwischen CDU und FDP. Im übrigen: Ich wünschte mir Politiker manchmal von einer Offenheit, wie ich es mit mir selber bin. Daß sie mal sagen: Kinder, hier habe ich leider Scheiße gebaut.

Sind Sie, Herr Juhnke, eigentlich ein politischer Mensch?

Ich bin ein politischer Mensch, soweit man das in meinem Beruf sein kann. Man muß sich offen halten. Man muß sich immer neuen Fragen stellen. Beispielsweise: Was macht man kulturell für die Stadt. Und da war Diepgen ja nicht der Schlechteste bis jetzt. Damals bei der SPD hatte es daran immer ein bißchen gemangelt.

Was erhoffen Sie sich denn von Eberhard Diepgen, wenn er Regierender bleibt?

Man kann nur hoffen, daß Herr Diepgen seine Partei in den Griff kriegt. Für mich ist wichtig, daß in Berlin kulturell die Weichen gestellt sind. Ganz besonderes Augenmerk sollte auf die Hochschulpolitik gelegt werden. Und da ich einen Sohn habe, der 16 Jahre alt ist, ist für mich auch die Lehrermisere Thema. Die muß angepackt werden. Auch die Wohnungsnot muß vom Tisch. Da müssen Häuser hochgezogen werden, damit die vielen Leuten endlich ein vernünftiges Zuhause bekommen.

Interview:

Holger Schacht