Krisenmanagement

Honeckers Höhenflug  ■ K O M M E N T A R E

Die konzertierte Aktion von Erich Honecker und Michail Gorbatschow hat eingeschlagen. Die Nato ist verstört, insbesondere ihr Generalsekretär Wörner: „Gorbatschow gehören vielleicht die Schlagzeilen, aber die Allianz behält die Initiativen.“ Das muß erst bewiesen werden. Vorleistungen der Nato haben zu häufig im Zeichen von Aufrüstung gestanden, man denke nur an den Nato -Doppelbeschluß. Nach diesem Rezept ist auch Rupert Scholz jetzt verfahren, als er die Wehrdienstverlängerung durchgepaukt hat. So viele Soldaten wie möglich festschreiben, damit bei Verhandlungen über den Streitkräfteabbau die Ausgangsposition gut gefestigt ist Honecker macht ihm das Gegenteil vor: Er rüstet ab als Vorleistung für die Wiener Verhandlungen, für die noch genügend übrig bleibt.

Honecker hat schon zum Jahreswechsel in seinem Grußwort an die DDR-Bevölkerung angekündigt, es würden in Sachen Abrüstung „weitere einseitige Vorleistungen erbracht, die zu Recht verdienen, historisch genannt zu werden“. Der stolze Mauerbauer hat Recht gehabt und beste Chancen, einen Höhenflug zu vollbringen, zu dem Tiefflieger Rupert Scholz nur aufblicken kann. Aber Honecker hat noch etwas möglich gemacht: souverän sammelt er Sympathien auch im eigenen Land, in dem viele so sicher waren, daß Honecker und Gorbatschow sich kaum verstehen. Der gemeinsame Schachzug stärkt Honecker den Rücken, weiterhin nur taktische Glasnost -Schritte zu gehen und einem Ende in Ehren entgegenzusehen. Die Stürme der Zeit mit standfestem Klassenstandpunkt überstehen, heißt seine Parole. Dafür betreibt er jetzt Krisenmanagement. Das kann gelingen, wenn er nicht nur den äußeren Frieden so klug im Auge behält, sondern auch für den inneren Frieden allerlei tut. Bei der Staatssicherheit sollte er die Abrüstung beginnen.

Eckermann