Amtsdeutsches Gericht

■ Afghane verstand Kleingedrucktes auf dem Bescheid des Sozialamts nicht - jetzt steht er vor Gericht

„Wenn einer seit 1979 hier lebt und studiert, dann kann man doch wohl davon ausgehen, daß er sich mit den deutschen Behörden halbwegs auskennt!“ Wenn es um ausländische SozialhilfeempfängerInnen geht, dann zeigt Amtsrichter Wolfgang Rathke wenig Nachsicht. Zwar war der Angeklagte Abdul Z. (Name geändert) tatsächlich erst im Juli 1981 aus Afghanistan in die Bundesrepublik geflohen, wie sich vor Gericht leicht klären ließ, und hatte sich zunächst weniger mit seinem Studium als mit seiner Anerkennung als Asylberechtigter beschäftigen müssen. Doch Richter Rathke blieb gestern am zweiten Verhandlungstag bei seiner Meinung: „Deutsch ist vielleicht eine schwere Sprache, aber viele Ausländer bemühen sich gar nicht erst darum, es zu erlernen.“

„Falsche eidesstattliche Erklärung und Betrug“ hatte die Staatsanwaltschaft Abdul Z. vorgeworfen, weil er während einer Studiumpause Einkünfte aus einem Ferienjob in seinem Antrag auf Sozialhilfe nicht angegeben hatte. „Ich war nur gefragt worden, ob ich noch arbeitslos bin“, erin

nerte sich Abdul Z. an seine Amtsbesuche, „ich habe das nicht auf meinen studentischen Nebenjob bezogen.“ Warum er denn das Kleingedruckte auf der Rückseite des Bewilligungsbescheides nicht gelesen habe, wollte Richter Rathke wissen. „Ich habe das nicht verstanden und für einen Dolmetscher hatte ich kein Geld“, antwortete ihm Z.

„Wenn ich große Verständnisschwierigkeiten habe, mache ich einen Vermerk, wenn ich das hier nicht gemacht habe, haben wir uns wohl verstanden“, sagte dann die Sachbearbeiterin des Verwaltungsgerichts, bei der Abdul Z. die eidesstattliche Erklärung, „völlig mittellos“ zu sein, abgegeben hatte. Doch sie ergänzte: „An diesen Einzelfall kann ich mich nicht mehr erinnern.“

So mochte Richter Rathke gestern denn doch nicht mißverstandenes Amtsdeutsch als Meineid richten. Er will den Prozeß einstellen, wenn Abdul Z. in 6 Monatsraten a 30 DM zurückzahlt - „sonst sehen wir uns im Juli hier wieder“, drohte er, „ich bin dann immer noch für 'Z‘ zuständig.“

Ase