Repression mit Ansage in Chile

■ Militärstaatsanwalt kündigt Beschlagnahmeaktion in der Menschenrechtsorganisation „Vikariat der Solidarität“ für den 6. Februar an / Menschenkette soll die Kartei vor den Militärs schützen

Santiago (apia/taz) - Die Menschenrechtsorganisation der katholischen Kirche in Santiago de Chile, das „Vikariat der Solidarität“, bereitet sich auf eine Konfrontation mit dem Militär-Regime vor. Auf Anordnung eines Militärstaatsanwaltes soll am 6. Februar die Ärztekartei des Vikariats beschlagnahmt werden. Die Kartei enthält Angaben über Personen, die dort in den vergangenen zehn Jahren medizinisch versorgt wurden, darunter auch Opfer von Polizeigewalt. Der Vikar, Bischof Sergio Valech Aldunate, und seine Mitarbeiter haben bereits ihren Widerstand angekündigt. Vertreter von Oppositionsparteien und Botschafter verschiedener Länder wollen eine Menschenkette um das Gebäude im Zentrum Santiagos bilden, um die Pläne des Staatsanwaltes zu vereiteln.

Ursprünglich war die Hausdurchsuchung und Beschlagnahmung der Kartei bereits für den 24. Januar geplant, dann aber ohne Angabe von Gründen auf den 6. Februar verschoben worden. Die Aktion gegen das „Vikariat der Soldarität“ steht nach Angaben kirchlicher Mitarbeiter im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen eines Überfalls aus dem Jahre 1986. Damals hatte das Vikariat einen Verletzten behandelt, ohne die Gründe seiner Verletzungen zu erfahren. Später erklärte die Polizei, daß dieser Mann an dem Überfall auf eine Bäckerei am Stadtrand Santiagos beteiligt gewesen sei, bei dem ein Carabinero (uniformierter Polizist) ums Leben kam. Zwei Mitarbeiter des Vikariats, der Anwalt Gustavo Villalobos und der Arzt Ramiro Olivarez, kamen daraufhin wegen Komplizenschaft in Haft. Erst ein Jahr danach wurden sie gegen Kaution freigelassen.

Seit jenem Überfall auf die Bäckerei, der bis heute nicht aufgeklärt ist, ist das „Vikariat der Solidarität“ Opfer einer Kriminalisierungs-Kampagne der Militärjustiz. So erklärte beispielsweise der zuständige Staatsanwalt vor laufenden Fernsehkameras, alle Spuren der Täter führten in das Vikariat. Oppositionelle Kreise in Santiago hegen dagegen den Verdacht, daß Militärs hinter dem Überfall stecken.

Völlige Unklarheit herrscht im Vikariat über die Absicht, die das Militärgericht jetzt mit seiner angekündigten Hausdurchsuchung verfolgt. Bischof Valech Aldunate ist jedoch auf keinen Fall bereit, die Ärztekartei preiszugeben. „Herr im Haus bin ich und ich werde auch die Folgen meiner Haltung auf mich nehmen“, erklärte er resolut.

Unterstützt wird der Geistliche von zahlreichen fortschrittlichen Bischöfen in Chile. „Ein Angriff auf das Vikariat der Solidarität ist ein Angriff auf die katholische Kirche insgesamt“, sagte der Bischof der Stadt Punta Arenas.

Dora