Sturm im Kabinett wegen Tornado

Jordanien-Export sorgt für Stunk zwischen Genscher und Kohl / Finanzpolitischer Sprecher der Union lobt den Freistaat Bayern für die Bereitstellung des Exportkredits / Ärger auch im Münchner Rathaus  ■  Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) - Das Engagement der bayerischen Staatsregierung in Sachen Tornado-Export hat in der Bonner Regierungsetage heftige Turbulenzen ausgelöst. Die 'Süddeutsche Zeitung‘ berichtet sogar von einer „Konfrontation“ zwischen Bundesaußenminister Genscher und Kanzler Kohl bei der letzten Kabinettssitzung. Genscher soll wegen der Beteiligung der halbstaatlichen Bayerischen Landesbank (50 Prozent Freistaat und 50 Prozent Bayerischer Sparkassen- und Giroverband) am geplanten 1,6 Milliarden -Geschäfts geschäumt haben. Der FDP-Mann lehne nach wie vor Rüstungsexporte in Krisengebiete ab. Kanzler Kohl soll gekontert haben, daß der Deal in erster Linie eine Angelegenheit der Briten sei. Und jetzt könne man ohnehin nichts mehr machen.

In klarer Frontstellung zur Genscher-Behörde, die weiter auf einer bewußt restriktiven Rüstungsexportpolitik besteht, lobte der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Michael Glos, das Rüstungsengagement des Freistaates. Der Exportkredit des Bankenkonsortiums unter der Federführung der Bayerischen Landesbank beseitige die „Zweifel an der Zuverlässigkeit der Deutschen in internationalen Konsortien, die nach der Torpedierung der über die Kreditanstalt für Wiederaufbau geplanten Finanzierung durch die FDP aufgekommen waren“. Kanzleramtsminister Wolfgang Schäuble wollte sich gestern zu den Vorgängen nicht äußern: Die Bundesregierung konzentriere sich nicht darauf, ihren Meinungsbildungsprozeß in aller Öffentlichkeit vorzutragen.

Für die FDP hielt deren stellvertretender Fraktionsvorsitzender, Hermann Otto Solms, dem Bonner Koalitionspartner vor, Kanzler Kohl hätte der Bayerischen Staatsregierung von der Kreditfinanzierung abraten müssen. Regierungssprecher Ost wollte bislang aber keine Bedenken gegen die Bayerische Transaktion einräumen. Empört zeigten sich die Liberalen über die Behauptung der Münchner Staatsregierung, die Finanzierung des Rüstungsexportes wäre „in Abstimmung mit der Bundesregierung erfolgt“. Sie halten dagegen, daß es keine Beteiligung „der Bundesregierung“ gegeben habe. Lediglich das Kanzleramt sei eingeschaltet worden.

Der Knatsch droht nun über das Kabinett hinaus Kreise zu ziehen. Solms drohte mit einer Diskussion darüber, wie „solche Abstimmungsprozesse in der Koalition künftig laufen“. Gelegenheit dazu böte sich schon morgen. In der Bundestagsdebatte zu den Tornado-Exporten könnte FDP -Verteidigungsexperte Olaf Feldmann seine Anschuldigungen wiederholen. Er hatte gestern erklärt, Bayern habe die Entscheidung der Bundesregierung und des Bundestages gegen Staatskredite und -bürgschaften für derartige Rüstungsexporte „brutal unterlaufen“.

Das Engagement der Bayerischen Landesbank hat mittlerweile auch im Münchner Rathaus zu einem handfesten Krach geführt. Münchens SPD-Oberbürgermeister Georg Kronawitter hat in seiner Eigenschaft als Mitglied des Verwaltungsbeirats der Bayerischen Landesbank dem Kreditvorhaben zugestimmt. Ein Dringlichkeitsantrag der Grünen, darüber in der Stadtratssitzung zu debattieren, scheiterte gestern aber an der „Konstruktiven Mehrheit“ von CSU, FDP und Unabhängigen Sozialdemokraten.