Was der SEK-Chef alles nicht wußte

■ Vernehmung des Leiters des Bremer Spezial-Kommando der Polizei (SEK), Herbert Jager Er hat die Anweisung, daß sich seine Leute zurückziehen sollten, nicht mitbekommen

Eigentlich ist bekannt, wie kopflos die viel zu zahlreichen Polizei-Gruppen gegen die Gladbecker Geiselnehmer agiert haben, und doch ist es immer wieder schaurig schön, wenn der Ausschuß in die Einzelheiten geht. Die Bankräuber hatten sich unverfolgt gefühlt und wollten die beiden Gladbecker Geiseln freilassen - da stolperten sie gleichsam über Zivi -Fahrzeuge.

„Zugriff“ nur, wenn keine Gefährdung der Geiseln in Kauf genommen werden muß, dieser Grundsatz galt, behauptete der Bremer SEK-Chef Herbert Jager gestern vor dem Geisel -Ausschuß. Da die Bremer SEK zweimal entdeckt und mit dem Pistolen-Lauf bedroht worden seien, habe er für Huckelriede die Anweisung gegeben, sich in Reserve, also zurückzuhalten. Verschiedene Funksprüche deuten allerdings darauf hin, daß die Bremer SEK-Leute mit anderen geradezu darum konkurrierten, wer dichter ran kommt. Daß Sonder-Einheiten des SEK Hannover und des MEK Dortmund sich in der Nähe des „Objekts“ bewegt haben, will Jager überhaupt nicht gewußt haben.

Das Polizeihaus hatte allerdings diverse Funksprüche der Art, die Täter seien „endlich plattzumachen“, dem SEK zugeordnet. Ob da deutlich werde, daß er seine Leute nicht im Griff habee, wollte der Grüne Martin Thomas wissen. Um zu entscheiden, ob das wirklich seine Leute waren, müsse er das Funk-Band abhören, entgegnete Jager.

Eine Reihe von Funksprüchen mit SEK-Leuten vor Ort behandelt auch die Frage, ob man einen einzelnen der beiden Bankräuber festnehmen solle, wenn die Möglichkeit bestünde Rösner wurde offenbar für viel gefährlicher gehalten als Degowski. Ja

ger selber bestätigte nur, daß er in der Zeit, als der Bus gekapert in Huckelriede stand, versucht habe, über eine genaue Täterbeschreibung herauszufinden, wer welcher der beiden war. Nur einen der Täter festzunehmen - wie es später aus „Notwehr“ passierte - sei nie geplant gewesen.

Um 18.31 Uhr kam dann aus Nordrhein-Westfalen, wo noch die Einsatzleitung lag, die Anweisung, die Bremer SEK-Leute sollten sich zurückziehen. Offenbar war man dort der Ansicht, daß zu viele erkennbare Zivil-Beamte die Bankräuber nervös machen.

Von dieser Anweisung hat SEK-Chef aber überhaupt nichts gehört - er befand sich zu der Zeit für 20 Minuten in einem anderen Raum.

Die nordrhein-westfälische Polizei ist offenbar der Ansicht, daß die Bankräuber den Bus kaperten, weil sie sich durch einen weißen Audi der Bremer Polizei, der dreist gegenüber dem Gemüseladen mit offenen Türen und Fernglas -Besatzung stand, verunsichert und provoziert fühlten. Ob das ein Wagen vom SEK sei, wollte der Ausschuß gestern wissen. Nicht vom SEK, meinte Jager.

K.W.