Uni-Besetzung ist zu Ende

■ Studenten konnten ihre Forderungen reihenweise durchsetzen / Keine Sanktionen für Streikende, kein BAföG-Ausfall / Viertelparitätische Kommission geht vereint ans Eingemachte

Die Besetzung des Mehrzweck hochhauses (MZH) der Bremer Universität ist zu Ende. Und fast alle studentischen Forderungen aus einem umfangreichen Katalog sind von Rektor Timm gestern mündlich auf einer mehrstündigen Vollversammlung der StudentInnen (VV) mit einem „Ja“ bedacht worden.

Volle drei Stunden debattierten und präzisierten die StudentInnen, unter welchen Minimal-Bedingungen sie das MZH

-wohlgemerkt nicht den Streik - aufgeben würden. Der Rektor begehrte während der Diskussion mehr

fach das Wort, bekam es aber nicht: „Der kann nachher seinen Spruch aufsagen.“

Als er dann durfte, hatte er allerlei zu bieten - etwa, daß er in dreitägigen Verhandlungen mit dem Bildungssenator persönlich dessen „Rückendeckung“ erworben habe, und daß „Franke mit all seinen Möglichkeiten die Ergebnisse der universitären Beratung unterstützt“. Timm sah es so, daß „die Uni es geschafft hat, den Senator umzurennen - aber ohne Sie hätte ich das nicht geschafft!“

Gelegenheit, die wundersame Solidarität des Rektors mit den

Streikenden praktisch unter Beweis zu stellen, gab es fast sofort. Gegen 17 Uhr meldete eine atemlose Studentin, daß die beiden Professoren Haefner und Dreybrodt sich nach dem Motto „Wir lassen es uns nicht verbieten zu arbeiten“ Zugang zum besetzen GW 2 verschafft hatten. Timm zögerte keinen Moment, sondern schickte seinen Konrektor hinterher und ließ den Herren die „Dienstanweisung“ ausrichten, das Gebäude zu verlassen. Der kam zurück und meldete Vollzug. Das bekam natürlich Beifall.

Gefordert und durchgesetzt

sind jetzt folgende Punkte, die noch vor Wochen als „Wunschliste ans Christkind“ behandelt worden waren: Es gibt keine Sanktionen für die Streikenden, weder Strafanzeigen noch BAföG-Einbußen. Für ausländische Studierende besteht zwar das Angebot an Sprachkursen weiter, aber ohne obligatorische Prüfungen, an die bislang die Anerkennung der Diplome gebunden war. Zur Frage der Frauenquote für ausgeschriebene Stellen in allen Statusgruppen hatten die StudentInnen zuerst beschlossen, daß „nur noch Frauen“ auf die Berufungslisten gehörten. Hochschullehrerin Marlis Krüger regte an, das ewige Männerargument der „Qualifikation“ zu entmachten und als ausreichend anzusehen, wenn die formale Qualifikation, etwa die Habilitation, erreicht sei - egal, wie lang darüber hinaus die Veröffentlichungsliste der Bewerber sei. Timm versprach, den Plan mit einem Rechtsgutachten abzusichern:„Das wäre einmalig in der BRD!“

Eine Kommission, nach Geschlechtern quotiert und mit den vier Statusgruppen paritätisch be

setzt, soll ab sofort gegründet werden und die Arbeit aufnehmen. Ihre Voten soll Timm im akademischen Senat und gegenüber der Behörde vertreten. Themen: Finanzen der Uni, Entwicklung bis 1995, Neuorganisation des Hochschulentwicklugs-Plans. Das studentische Frauen-Plenum und die noch zu wählende Frauen-Beauftragte haben Veto -Recht.

Als die StudentInnen nach stundenlanger Debatte darüber nachdachten, erst am Freitag Fachbereiche und eine neue VV über das Ende der Besetzung beschließen zu lassen, zog Timm die letzten Register: „Ich gebe alle Zusagen schriftlich aber bitte, bitte, setzen Sie die Besetzung aus. Ihr müßt meine Situation verrstehen. Ich habe wie ein Löwe gekämpft für Ihre Belange! - Lassen Sie mich nicht hängen!“ Großer Beifall, kleiner Protest.

Mit deutlicher Mehrheit beschlossen die StudentInnen, das MZH samt Rektorat, Verwaltung und Rechenzentrum wieder zu räumen - erstmal. Susanne Paa