Dschungel am Breitscheidplatz

■ Studentische Bäume demonstrierten gegen tropisches Waldsterben

„Det jefällt mir, endlich tun die jungen Leute mal wat fürn Grunewald.“ Die Oma, die gerade vollbepackt den Breitscheidplatz passiert, hat's erfaßt. Den StudentInnen, die sich hier am Donnerstag morgen mit viel grüner Farbe und Zweigen im Haar als Bäume verkleidet haben, geht's um das Waldsterben. Nicht jedoch die Grunewaldfichten liegen den Studis am Herzen, sondern die Mammutbäume im tropischen Regenwald. Spätestens als sie das Flugblatt „Der Tropenwald stirbt“ in den Händen hält, weiß das auch die Oma. Schnell wendet sie sich ab und läuft von dannen. „Wat hab ick denn mit dem zu tun“, murmelt die Alte noch im Vorübergehen.

Die Oma irrt. Jeder, der des öfteren in einen Hamburger beißt, sei indirekt an der Zerstörung des Dschungels rund um den Äquator beteiligt, verkünden die StudentInnen über den Lautsprecherwagen, die Rinder, die später zu Fastfoodhackfleisch verarbeitet werden, würden auf den gerodeten Flächen in Brasilien und anderswo gehalten, weil das für die Konzerne billigstes Weideland sei. „Das Geld hat gesiegt“, ist dann auch der Schlachtruf zweier „Kapitalisten“, die sich mit einer überdimensionalen Säge auf ihre als Bäume verkleideten KommilitonInnen stürzen. „Ritze, ratze - für das Kapital, sind uns Bäume ganz egal“, rufen die Banker, und schon fällt der erste Studimammut vom Stengel. In Windeseile sägen die beiden Kapitalisten mit der typischen Zigarre im Mundwinkel den ganzen Menschenurwald ab. Wie Kleinholz liegen die „grünen“ StudentInnen auf dem Breitscheidplatz. Ein Hund will schon sein Bein an einem der gefällten „Bäume“ heben, als er mit großem Geschrei von der beinahe bepinkelten Studentin vertrieben wird.

Nicht nur die StudentInnen, die das Spektakel zum Thema Tropenwald inszeniert haben, sind mit Engagement dabei, wenn es um die Vermittlung ernstzunehmender Dschungelprobleme geht. Auch die termingeplagten Bürokraten des Europacenter bleiben für ein paar Minuten stehen, um sich an den zahlreichen Infoständen der Umweltorganisation Robin Wood und der StudentInnen über die Zusammenhänge von Urwaldrodung und Klimakatastrophe zu informieren. „Mahagonimöbel würd‘ ich sowieso nich kaufen, aber daß sich die Studenten hier für den Urwald einsetzen, find‘ ich prima“, meint ein solider Herr im Anzug und schielt zweifelnd zur gegenüberliegenden Burger-Filiale hinüber.

Christine Berger