Wahlkampftöne um Box-WM

■ Der Kampf Rocchigiani-Malinga (Südafrika) ist zu einem Politikum geworden, obwohl der Weltmeister Politik „zum Kotzen“ findet / Sportsenatorin Laurien schweigt

Daß er einmal zum Thema eines Berliner Wahlkampfes werden würde, damit hat wirklich niemand gerechnet. Ausgerechnet Rocchigiani, der Politik „zum Kotzen“ findet und sich ganz dem Boxen, dem Geld und allen leiblichen Genüssen widmet und sonst gar nichts.

Und dennoch ist Rocchigiani durch seinen Kampf gegen den farbigen Südafrikaner Sugar Boy Malinga (heute in der Deutschlandhalle) zu einem Politikum geworden - wofür er nichts kann. Denn wie immer, wenn es um das einstige Vorbild der Autonomen geht (Rocky prügelte sich einmal auf dem KuDamm mit der Polizei), reden und entscheiden andere. Noch nie wurde so deutlich, in welchen Abhängigkeiten Profi -Sportler von Management und Politik sind - Berufs-Boxen, ein Geschäft, das auch „moderne Sklaverei“ genannt wird.

Rocchigiani braucht Geld und leichte Gegner, bevor er es riskieren kann, in den USA seinen Titel wieder zu verlieren. Denn nur in den Staaten findet „Rocky“ ernstzunehmende Gegner. Sugar Boy Malinga und die Apartheidsknete, die Rocchigiani jetzt verdienen kann, sind da eine geniale Kombination. Wer sich auch immer diesen Coup ausgedacht hat, es muß ein kluger Kopf sein.

Nun sitzt Sportsenatorin Laurien in der Patsche. Sie hat auf den Kampf keinen Einfluß. Ist nicht zuständig in ihrer „Sportstadt Berlin“. Durch die Verweigerung einer Stellungnahme macht sie indes einen schweren Fehler. Eine Wunde, in die die Opposition gnadenlos den Finger hält gerade in Wahlkampfzeiten.

Achim Kern, sportpolitischer Sprecher der SPD, hielt gestern das Verhalten Lauriens für einen „Skandal“, der durch nichts zu rechtfertigen sei. Gegen alle Prinzipien, alle internationalen Gepflogenheiten, würde hier verstoßen. Die UNO - sie unterhält eine Schwarze Liste -, der Sport -Boykott zu Südafrika, dies alles würde in Berlin mißachtet.

Die AL hat sogar zu Taten aufgerufen. Ab 19Uhr will sie zusammen mit der Anti-Apartheid-Bewegung gegen den Fight demonstrieren. Südafrikanische Chöre sollen vor der Deutschlandhalle Lieder singen, mit schwarzen Handtüchern werfen. AL-Sportsprecher Kuhn: „Wir rechnen damit, daß viele Apartheid-Gegner auf die Straßen gehen werden.“

hosch