Grüner Streit um DVU

Grüne befürchten Aufwertung der Deutschen Volksunion durch Aktuelle Stunde zur DVU-Postwurfsendung  ■  Aus Bonn Gerd Nowakowski

Auseinandersetzungen gab es in der Bundestagsfraktion der Grünen vor der für gestern angesetzten Aktuellen Stunde über die Postbeförderung von Propagandamaterial der Deutschen Volks-Union. Mit der öffentlichen Beschäftigung zu diesem Thema würden die rechtsradikalen Parteien ungewollt aufgewertet, kritisierten Fraktionsmitglieder. Der Berliner Abgeordnete Peter Sellin forderte, die Aktuelle Stunde vor den Wahlen in Berlin am kommenden Sonntag abzusetzen.

Demonstrationen und Auseinandersetzungen mit der Polizei gegen die in Berlin kandidierenden Republikaner hätten dazu beigetragen, „daß aus der unbedeutenden Gruppe ein Faktor geworden ist“, sagte Sellin. Jüngste Meinungsumfragen zeigen die Republikaner in Berlin inzwischen bei drei Prozent der Stimmen.

Auch der Abgeordente Eckhard Stratmann kritisierte unter heftigem Protest von Teilen der Fraktion einen blinden Antifachismus. Dabei bestehe wie im Falle der am vergangenen Wochenende verhinderten Gründung eines DVU-Landesverbands in Nordrhein-Westfalen die Gefahr, daß von links eine „Gewaltsprirale“ angezogen werde. Auseinandersetzungen, warum besonders Jungwähler sich angesprochen fühlten, würden bei den Grünen nicht geführt, sagte Sellin. Statt zu problematisieren, daß die Grünen offenbar nicht länger „Hoffnungsträger zur Lösung sozialer Probleme“ wie Arbeitslosigkeit seien, kultiviere man ein „überhebliches Gefühl“ des „Antifaschisten“, in dem selbst Postminister Schwarz-Schilling zum „Ersatz-Faschisten“ werde.

Angesichts der öffentlichehen Auseinandersetzungen um die Postwurfsendung sowie den um sich greifenden Widerstand unter Postbediensteten und -gewerkschaftern habe die Aktuelle Stunde ihre Berechtigung, wurde Sellin und Stratmann von der Fraktionsmehrheit entgegengehalten. Die Berlinerin Ellen Olms, die für die Grünen in der Aktuellen Stunde sprechen wird, betonte, gegen die Aktivitäten der Neonazis müsse „an jeder Stelle und an jedem Ort“ protestiert werden. Der Hinweis auf eine Aufwertung der Rechten durch öffentliche Auseinandersetzung sei eine „total falsche Argumentation“. Ziel der Aktuellen Stunde sei es darüber hinaus, Parrallelen zur Politik der CDU, wie in der Ausländerfrage, aufzuzeigen.

Bereits auf der lezten Bundeshauptausschußsitzung der Grünen Mitte Januar hatte es eine Kontroverse gegeben, wie sich der Vertreter der Grünen im Bundeswahlausschuß bei der Zulassungsfrage für die aus NPD und DVU gebildeten „Liste D“ verhalten solle.