Waffen-Tritium aus BRD nach Pakistan

Atom-Untersuchungsausschuß: die Firmen NTG und PTB lieferten bombenfähiges Material nach Pakistan  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Durch Nuklearexporte der Gelnhausener Firma „Neue Technologien GmbH“ (NTG) nach Pakistan ist vermutlich der Atomwaffensperrvertrag gebrochen worden. In einer nicht -öffentlichen Sitzung des Bonner Atom -Untersuchungsausschusses informierte die Hanauer Staatsanwaltschaft gestern über neue Ermittlungsergebnisse.

In den Jahren 1985 bis 1987 wurde stückweise eine „Tritium -Sammel- und Reinigungsanlage“ nach Pakistan geschafft, die zur Gewinnung von reinem Waffen-Tritium geeignet ist. Dabei handelt es sich nicht um jene „Schwerwasser -Reinigungsanlage“, die vor Weihnachten Schlagzeilen machte und deren geplanter Export in früheren Jahren eine Kontroverse zwischen Auswärtigem Amt und Wirtschaftsministerium auslöste. Dieses Geschäft wurde, möglicherweise aus Kostengründen, storniert.

Statt dessen ist jene andere Tritium-Anlage geliefert worden, an derem militärischen Zweck nun kein Zweifel mehr besteht: Sie sammelt Tritium in einem Reinheitsgrad von 98 Prozent und in einer Menge, für die es keine zivile Verwendung gibt. Sie wurde auch in kilometerweiter Entfernung von dem pakistanischen Reaktor installiert. Als harmlose technische Ausrüstungen deklariert gingen die illegalen Lieferungen portionsweise an den Behörden vorbei nach Pakistan.

Diese Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft beruhen vor allem auf Vernehmungen des früheren NTG-Geschäftsführers Ortmayer sowie des Geschäftsführers der damals ebenfalls beteiligten Firma PTB (Physikalisch-Technische Beratung), Peter Finke. Beide Nuklear-Händler zeigten sich offenkundig sehr aussagewillig. Finke fuhr die Anlage in Pakistan Probe.

Die Tritium-Anlage wurde nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft bei der NTG zusammengebaut und anscheinend auf Wunsch der Pakistani mit dem Umweg über die weniger bekannte Firma PTB exportiert. Anderen Firmen, die Einzelteile dafür geliefert haben, sei voraussichtlich kein Wissen über den Bestimmungszweck nachzuweisen. Ermittelt wird in diesem Zusammenhang, wie bereits bekannt, gegen die Villinger Firma Gutekunst sowie gegen einen Mitarbeiter des Garchinger Max-Planck-Instituts. Das nötige Know-how soll die NTG aber Fortsetzung Seite 2

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auch von der Nukem sowie von Kernforschungsinstituten erhalten haben, wurde aus dem Ausschuß berichtet. Über das Kernforschungszentrum Karlsruhe ist bekannt, daß dort an Tritium-Verwendung geforscht wird.

Auf der Liste der noch nicht abgeschlossenen Vernehmungen stehen dem Vernehmen nach auch Angehörige der pakistanischen Botschaft in Bonn, über die ein Teil des Geschäftskontakts mit der NTG gelaufen sein soll. Eine Bewertung der

Frage, ob der Atomwaffensperrvertrag gebrochen wurde, fällt nicht in die Kompetenz der Staatsanwalt; sie reicht die Hinweise an die Bundesregierung weiter. Die ist nach dem Atomwaffensperrvertrag verpflichtet, die Weiterverbreitung von bombenfähigem Material zu verhindern.