Daimler greift nach der Vulkan-Werft

■ ... berichtet das Spekulantenblatt „Platow-Brief“ / Daimler gliedert sich MBB ein, der Vulkan wird gleich mitgefressen / Spekulation um das MBB-Aktienpaket, das beim Vulkan in Tresor liegt

Träume und Alpträume werden wahr, wenn es stimmt, was der „Platow-Brief“, ein Info-Dienst für Börsenspekulanten, jetzt enthüllte: Daimler-Benz soll sich gerade die Mehrheit der Vulkan-Aktien zusammenkaufen. Der Traum: Die krisengeschüttelte Schiffswerft hat endlich einen starken industriellen Partner, besonders für das Rüstungsgeschäft, und kann vom staatlichen Tropf entbunden werden. Der Alptraum: Nach MBB kommt nun auch die größte Bremer Werft unter der Kontrolle des Rüstungs- und Autogiganten. Er und die mit ihm eng verknüpfte Deutsche Bank werden in Bremen einen erdrückenden Einfluß ausüben.

Das Gerücht vom Daimler-Engagement bei der Vegesacker Werft ist fast so alt wie die Schiffbaukrise. Gut verdienende Mittelständler aus dem deutschen Südwesten haben teure Vulkan-Aktien gekauft, weil sie erwarteten, daß „ihr“ Daimler den Sprung an die windige Küste wagt. Der Bremer Senat, seit Jahren Hauptgesellschafter der Werft, legte immer wieder neue Aktien auf, die hoffnungsfrohen kleinen Aktionäre kauften - und verloren. Sparstrümpfe schmolzen dahin, Ehen zerbrachen. Den mutigsten der Kleinspekulanten, die ihre Aktien auf Kredit erworben hatten, nahmem die Banken ihre Wertpapiere einfach weg, als sie am Tiefpunkt standen. In solchen Zeiten jedoch tauchte das Daimler -Gerücht in Wirtschaftsblättern und Aktionärsrundbriefen auf, und sorgte dafür, daß der Kurs nicht ins Bodenlose fiel. Ein probates Gegengift, verborgen blieb, wer es jeweils aus dem Schrank geholt hatte.

Jetzt stehts also wieder im Platow- Brief. Nicht einfach so, sondern in Zusammenhang mit dem Einstieg von Daimler bei MBB. Die Vegesacker Werft - und damit zur Zeit der Bremer Senat - hält ja einen Anteil von zehn Prozent des MBB -Kapitals. Um an diese zehn Prozent und damit an die Mehrheit von MBB heranzukommen, kauft Daimler Vulkan- Aktien auf. Nicht Daimler selbst, tritt als Käufer in Erscheinung, sondern MBB, die zukünftige Tochter. Kapiert? Nochmal: Daimler will die Aktienmehrheit von MBB. Da zehn Prozent der Aktien beim Bremer Vulkan liegen, erwirbt Daimler den Vulkan gleich mit.

Der Kurs der Aktie sei schon von seinem Tiefpunkt von 36 Mark auf jetzt 87 Mark gestiegen, schreibt der Platow-Brief. Die Umsätze hätten sich dramatisch vermehrt. Na, denn. Der Platow-Brief rät seinen Lesern zum Kauf der Vulkan- Aktien. Jedoch nicht allen - nur den „risikofreudigen Anlegern“.

Auf der Werft selbst wußte man gestern noch nichts davon, daß der Betrieb in neue Hände übergegangen sei. „Das ist reine Spekulation“, sagt der Vorstand zu dem Spekulantenblatt: „Wenn ein Anleger mehr als 25 Prozent des Kapitals besitzt, muß er sich melden. Bisher hat noch niemand angerufen“.

mw