Städtepartnerschaft mit Corinto widerrufen

■ Nicaragua-Initiativen werfen Wedemeier „kolonialherrlichen Stil“ vor / Einen Tag vor Besuch des nicaraguanischen Botschafters widerriefen SPD, CDU und FDP Städtepartnerschafts-Angebots / Keine Mittel aus neuem Haushalts-Topf

Als der nicaraguanische Botschafter Hernan Estrada am vergangenen Freitag bei seinem Antrittsbesuch im Bremer Rathaus das Glas hob, mußte er kräfig schlucken - und nicht nur Sekt. Gerade hatte ihm nämlich Bürgermeister Wedemeier eröffnet, daß aus der bereits fest vereinbarten Städtepartnerschaft mit Nicaraguas Hafenstadt Corinto nichts wird.

Dabei war bereits im vergangenen November Corintos Bürgermeister offiziell empfangen worden. Er konnte damals den Bremer Entwurf einer Rahmenvereinbarung zur Beratung mit nach Hause nehmen. Schließlich gibt es nicht nur seit Jahren enge Verbindungen Bremer Initiativen, Schulen und Gewerkschaften mit Corinto; eine Städtepartnerschaft war auch auf dem SPD-Landesparteitag im Mai 88 gefordert worden. Doch genau einen Tag vor dem Empfang des Botschafters im Rathaus saßen die vier Fraktionsvorsitzenden mit Bürgerschaftspräsident Klink und Bürgermeister Wedemeier zusammen - und beschlossen einen Rückzieher.

FDP und CDU hatten angekündigt, für den Fall einer offiziellen Städtepartnerschaft mit Corinto laut „Veto“ zu rufen. Formal hätte das zwar keine Bedeutung, da Städtepartnerschaften in Bremen Sache der Regierung sind das Parlament nimmt sie nur noch zur Kenntnis -, doch für eine ordentliche Partnerschaft wäre es kein gutes Omen, so das Argument des SPD-Fraktionschefs

Dittbrenner, wenn sie gegen den erklärten Willen von einem Drittel der Volksvertreter zustande käme.

Das dies im Falle Corintos so sein würde, war jedoch nicht erst seit dem vergangenen Donnerstag klar. Schon im November hatten FDP und CDU vollmundige Presseerklärungen gegen die Partnerschaft mit Corinto abgegeben. „Städtepartnerschaften sind nicht dazu da, Almosenfunktionen zu erfüllen“, hieß es zum Beispiel bei der FDP.

Daß Nicaraguas größter Hafen gegenüber dem zweitgrößten der BRD so klein (28.000 Einwohner) und so arm ist, daß es in der Stadt kein einziges Hotel der Sorte gibt, in dem deutsche Ministerpräsidenten gewöhnlich absteigen, hatte auch den Bürgermeister schon gewurmt. Für eine echte Partnerschaft auf Gegenseitigkeit seien die Städte sowieso zu ungleich, stimmte er den Fraktionsvorsitzenden von CDU und FDP bei. Schließlich war nur der grüne Fraktionsvorsitzende Fücks dagegen, statt der geplanten „Städtepartnerschaft“ eine schlichte „Vereinbarung über die Zusammenarbeit“ zu schließen. Die Folge: Für die Zusammenarbeit mit Corinto gibt es kein Geld aus dem neuen Haushaltstopf für Städtepartnerschaften.

„Man kann da keine Honoratioren-Veranstaltung draus machen, aber mit Corinto hat sich wirklich von unten eine Partnerschaft entwickelt“, ärgerte sich Fücks über den Drei -Parteien-Kompromiß, Corinto aus dem Kreis Bremer Städtepartner auszuschließen. „Die jetzt geplante 'Vereinbarung‘ wird nichts bewirken“, vermutet er.

Die Bremer Nicaragua-Initiativen reagierten noch saurer. „Kolonialherrlichen Stil“ nennen sie in einer gemeinsamen Presseerklärung den Widerruf der Städtepartnerschaft mit Corinto. „Der Bruch des diplomatischen Protkolls stellt einen Affront dar, den sich der Senat gegenüber keinem europäischen Land leisten würde“, heißt es weiter, „darüberhinaus widerspricht dieses Verhalten allen vom Bremer Senat abgegebenen Solidaritätsbekundungen.“

Diesen Vorwurf möchte Regierungssprecher Ostendorf nicht gelten lassen. „Wir wollen denen helfen“, sei nach wie vor das Motto des Senats. Deshalb überlege der Bürgermeister auch, ob er im April im Rahmen einer Bremer Hafendelegations -Reise in die USA einen Abstecher nach Corinto einlegt.

Ase