VERBLICHENER GLANZ

■ Entzauberter Zauber der Robinson Animateure

GET INTO MAGIC - Robinson lud ganz groß ein zur „Party der Chefanimateure. Ort der rituellen Handlung: Frankfurts eitle Riesendisco Dorian Gray. Zahlreiche Chefanimateure wurden Ende Januar zur Flughafendisco eingeflogen, um den Freunden und Gästen des Hauses das besondere Robinson-Flair ins winterliche Deutschland zu tragen. Ende letzten Jahres war Robinson ins Gerede gekommen. Detaillierte berichtete der 'Spiegel‘ über Fehlentscheidungen und Mißstimmungen im Management, über den Verlust von drei Ferienanlagen und die zu erwartenden finanziellen Einbrüche. Nach diesem ersten von vier geplanten Meeting points für das Jahr 89 kann man das Gerede auch in anderer Hinsicht weitertreiben: Robinson setzt leichtfertig das Image seiner Animateure aufs Spiel.

Ihrer Urlaubskulisse entblößt, gaben die versammelten Animateure im Dorian Gray ein trauriges Bild ab. Die Diso leerte sich auffällig, als die Stars auf der Bühne zu ihrer laienhaften Vorstellung, die sich kaum wiedergeben läßt, schritten. Verbliebene Gäste verstreuten bissige Kommentare: „Den Sketch mit dem Liegestuhl hat mir mein Großvater schon besser vorgeführt.“ Einer erprobten und bis dato begeisterten Ex-Animateurin entschlüpften die Worte: „Oh Gott, wie peinlich.“

Ohne Animation ist jeder Club von innen so hohl wie jede andere Ferienanlage. Für die sensible Urlaubsseele sind Animateure allzeit bereite Tröster und Gute-Laune -Produzenten, sie aktivieren nicht allein passive Gäste oder zerstreuen Langeweile, sie lassen niemals auch nur die Chance für Besinnungsmomente. Sie sind die Träger der sogenannten Clubphilosophie; an ihre Person heften sich die erwartungsvollen Blicke der Urlauber. Wird mein Urlaub gelingen?

Animateure machen aus touristischen Moden konsumierbare Häppchen, sie kreieren die musikalischen Sommerhits der Saison, haben die sportlichen Neuheiten im Griff und versuchen sich als Spezialisten für Fortbildungsangebote. Engagement ist alles. Über geregelte Arbeitszeiten hingegen wird geschwiegen, eine Privatsphäre gibt es nicht. Der Verschleiß an Animateuren ist enorm. Wenige Jahre Animation macht aus gewöhnlichen Mitmenschen eine einzigartige, abgehobene Spezies, die nur eins zu fürchten hat: ihre Rückkehr in den bundesrepublikanischen Alltag. Im Club sind sie über jede Kritik von außen erhaben. Seien es Zweifel an ihrer Kompetenz oder an der Qualität ihrer Animation: nichts trifft. Ein Club ist ein geschlossenes System, in dem die Angebote an Animation, Gastronomie, Unterbringung etc. exakt auf die Urlaubserwartungen einer eingegrenzten Zielgruppe abgestimmt sind. Als Urlauber liebt man die Club-Atmosphäre oder meidet sie. Begeisterten Anhängern ist jedes Kleinkindervergnügen eine Reisegaudi und jede Clubshow ein gesellschaftlicher Höhepunkt. Geschmack ist Nebensache. Das Realitätsprinzip ist außer Kraft gesetzt. Verpflanzt man jedoch die erprobte Animation in ein beliebiges anderes Umfeld, beispielsweise in die Disco Dorian Gray, ist der Glanz dahin.

Man sei auf das große Interesse und den Besucheransturm nicht vorbereitet gewesen, heißt es von Firmenseite; und Testfall hin, Testfall her - beim nächsten Mal soll alles anders werden. Dann sind die Clubchefs an der Reihe. Man ahnt schreckliches. Der versprochene Zauber jedenfalls glich eher einer gründlichen Entzauberung und Enttarnung.

Christel Burghoff