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Weltpolitik in Offenburg

■ Ein einziger Provinzstaatsanwalt in Offenburg ist zuständig für die Libyen-Affäre

Berlin (taz) - Jürgen Crollmann, seines Zeichens Staatsanwlat in Offenburg, ist mittlerweile allein zuständig für die Aufklärung der Libyen-Affäre, die rund um den Erdball Schlagzeilen macht und das Verhältnis zwischen den Regierungen der USA und BRD beeinträchtigt.

Crollmann gelangte druch die bundesweite Durchsuchungsaktion am vergangenen Mittwoch immerhin zu einer Erkenntnis, die seit etwa drei Wochen zum Allgemeingut halbwegs interessierter Zeitungsleser gehört: Die „Gesellschaft für Automation“ in Bochum und die „Pen Tsao“ in Hamburg sind Tochterfirmen der Imhausen-Chemie GmbH, die dem Villenbewohner Jürgen Hippenstiel-Imhausen zu eigen ist. Selbstverständlich wird es „Wochen, wenn nicht Monate dauern“, bis Herr Crollmann und die Kollegen vom Zollkriminalinstitut Köln (ZKI) die beschlagnahmten Unterlagen ausgewertet haben.

Daß ein Imhausen-Mitarbeiter die bundeseigene Salzgitter AG schwer belastet hat - nein, auch davon wissen weder der Behördenleiter, Oberstaatsanwalt Werner Botz, noch dessen Pressedezernent etwas.

Merkwürdig, die vorgesetzte Behörde des Herrn Botz, die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe, bestätigte gestern zum zweiten Mal, der Imhausen-Techniker sei vom ZKI in Offenburg vernommen worden. Dort habe der Mann ausgesagt, die Salzgitter GmbH (SIG) habe Blaupausen für die Gesamtanlage in Rabta angefertigt. Darüber habe die Staatsanwaltschaft Offenburg ihren Vorgesetzten in Karlsruhe „Bericht erstattet“.

Aber nicht nur merkwürdige Erinnerungsschwächen scheinen die Provinzbeamten - Kenner behaupten, sie beschäftigten sich im Regelfall mit geknackten Spielautomaten - zu befallen. Ein Anruf bei der Auskunft könnte ihnen die Telefonnummer von der Staatsanwaltschaft Braunschweig liefern, die für Salzgitter zuständig ist. Trotz der zwei öffentlich bekannten und auffallend übereinstimmenden Aussagen gegen die SIG ist die Braunschweiger Staatsanwaltschaft bisher von ihren Kollegen nicht informiert, geschweige denn um Hilfe gebeten worden. Sie selbst sieht „keinen Anlaß, von Amts wegen ein Verfahren gegen die SIG einzuleiten, weil sich aus den Presseberichten kein Anfangsverdacht herleiten läßt“. Selbständig von Braunschweig aus in Offenburg anzurufen, sich „ins Verfahren reinzudrängen“, so ein Sprecher, „wäre ungehörig, unüblich und rechtlich nicht möglich“.

So lastet die Arbeit weiterhin allein auf Herrn Crollmann, denn auch die große Frankfurter Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen die IBI Engineering des Libyen-Maklers Barbouti an den Badenser abgeschoben.

In der Schweiz beschlagnahmten die Behörden gestern bei den IBI-Firmen in Zug und Zürich Unterlagen. Dort hegt man den Verdacht, der libysche Geschäftsmanna Barbouti habe chemische Substanzen zur Herstellung von Kampfstoffen ausgeführt. Auf ein deutsches Rechtshilfegesuch - formelle Vorausetzung für die Kooperation der Justiz - wartet man in Bern.

peb

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