: Faustpfand Rüstungskooperation
■ Trotz eines Rüstungskooperationsvertrages könnte die Bundesregierung das Tornado-Geschäft stoppen
Berlin (taz) - Beim Tornado-Geschäft mit Jordanien steht für die BRD nicht nur ein einzelnes Rüstungsgeschäft, sondern die Zuverlässigkeit deutscher Konzerne als Vertragspartner bei europäischen Rüstungskooperationen auf dem Spiel. Solche Kooperationsabkommen bestehen nicht nur für die Gemeinschaftsproduktion Tornado zwischen der BRD, Großbritannien und Italien, sondern auch für den französischen Alpha-Jet und den geplanten Jäger90. Daß ein deutsches Nein zum Tornado-Export nach Jordanien zu „ständigen Differenzen“ zwischen der Bundesregierung und Großbritannien führen würde, hatte schon im genen Oktober '88 Thatcher in ihrem Brief an „Dear Helmut“ Kohl angedroht. Eine „grauenhafte Krise“ sieht jetzt wieder CSU -Fraktionschef Waigel heraufziehen.
Bei dem Geschäft mit Jordanien liefern die deutschen Rüstungskonzerne MBB, MTU und Siemens wichtige Teile für den englischen Vertragspartner British Aerospace zu, der die Kampfflugzeuge montiert und nach Jordanien exportiert. Doch obwohl die Bundesregierung in dem Kooperationsvertrag über den Tornado 1983 auf ein Vetorecht verzichtet hat, könnte Bonn gegen den Export sehr wohl - entgegen der Behauptung von Kanzleramtsminister Schäuble - Einspruch erheben. Das geht aus einem Schreiben des Verteidigungsministeriums vom 16.Januar 89 auf die Anfrage eines Vertreters der Rüstungsexportkampagne des BUKO nach dem deutsch-britischen Kooperationsabkommen hervor. Zwar heißt es: „Die Vereinbarung beinhaltet, daß die Genehmigung des Exports von Rüstungsmaterial in Drittländer (hier: Jordanien, d.Red.) diejenige Regierung zu entscheiden hat, deren Rechtshoheit der Exporteur untersteht (in diesem Fall: Großbritannien, d.Red.). Vor Abschluß von Vereinbarungen über Gemeinschaftsvorhaben werden jedoch die exportpolitischen Konsequenzen gemeinsam geprüft und mögliche Einwände gegen ein bestimmtes Exportvorhaben im Wege der Konsultationen zwischen beiden Regierungen erörtert.“ Doch sowohl die Regierung Großbritanniens als auch der Bundesrepublik, so fährt das Schreiben des Verteidigungsministeriums in überraschender Klarheit fort, „erteilen die erforderliche Ausfuhrgehmigung nach ihren nationalen Gesetzen sowie bei Einhaltung bestimmter Sicherheitsauflagen“. Auch eine Versagung einer Ausfuhrgenehmigung ist nach dieser Auskunft des Verteidigungsministeriums durchaus möglich, denn - so heißt es weiter: „Jede Regierung kann bei Versagung einer Ausfuhrgenehmigung andere Regelungen für die Fertigung treffen.“ Im Klartext: Wenn die Bundesregierung die Zulieferung für die jordanischen Tornados stoppt, dann könnte Großbritannien sich entgegen den Bestimmungen des Kooperationsvertrages andere Zulieferfirmen für den Tornado suchen als die bisher beteiligten deutschen Konzerne MBB oder MTU.
Ve.
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